3. Säule – ein Systemfehler?

Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit

Erwerbstätige können seit 1987 steuerbefreit in die Vorsorgesäule 3a einzahlen. Die Möglichkeit wird rege genutzt. Das 3a-Guthaben hat sich seit 2007 mehr als verdoppelt. 2022 erreichte die Säule 3a die Marke von 140 Milliarden Franken. Das entspricht 18 Prozent des Bruttoinlandproduktes der Schweiz, wie Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) zeigen. So gesehen ist die 3. Säule eine Erfolgsstory. Jüngste Untersuchungen zeigen jedoch: Steuerbegünstigtes Alterssparen ist teuer und verfehlt ihr Ziel – nämlich die Senkung des Armutsrisikos im Alter.

 

Die Säule 3a ist teuer

Laut BSV zahlt gut die Hälfte der Personen im erwerbsfähigen Alter regelmässig in die Säule 3a ein. 2020 flossen gemäss Eidgenössischer Steuerverwaltung knapp 11 Milliarden Franken in die Säule 3a. Gleichzeitig machten 1,8 Millionen Steuerpflichtige 3a-Abzüge von insgesamt 8 Milliarden Franken  geltend. Sowohl bei Einzahlungen als auch bei gestaffelten Auszahlungen entgehen dem Fiskus Steuern. Die Mindereinnahme ist der Preis der Säule 3a. Fragt sich, ob die Wirkung der Säule 3a diese Kosten rechtfertigt.

 

Ökonomen sagen nein. Laut der Studie «Fiscal Incentives to Pension Savings – are they efficient?» ist steuerbegünstigtes Alterssparen im Vergleich zum obligatorischen Alterssparen (AHV und BVG) teuer. Es sei kontraproduktiv, Alterssparen mit steuerlichen Anreizen zu koppeln. Der Grund: Es kommt zu einem Verdrängungseffekt, indem Sparguthaben in die Säule 3a transferiert wird. Das Sparvermögen insgesamt erhöht sich durch den Steueranreiz nur geringfügig. Zudem erfordern Steuergeschenke, dass andernorts Steuern erhöht werden müssen. 

 

Wirkung verfehlt

Das BSV hält Säule-3a-Zahlungen dennoch für sozialpolitisch erwünscht mit dem Argument: Je mehr Personen eine Säule 3a haben, desto mehr Personen können nach ihrer Pensionierung finanziell unbeschwert leben und sind nicht auf zusätzliche finanzielle Hilfe angewiesen. Das ist aber ein Trugschluss. 

 

Laut Studie verfehlen solche Systeme ihre Wirkung. Die fiskalischen Anreize bewirken, dass Personen, deren Vorsorgelücke am geringsten ist, die höchsten Transfers mittels Steuererleichterung erhalten. Die fiskalische Unterstützung geniessen Haushalte, die es am wenigsten brauchen. Der Staat greift also am falschen Ort ein. Dagegen ist die obligatorische Altersvorsorge mit pauschalen Beiträgen bei der Verringerung der Altersarmut viel effizienter. 

 

Mainstream legt falschen Fokus

Trotzdem wird der Ausbau der obligatorischen Vorsorgesysteme im politischen Mainstream nicht diskutiert. Stattdessen wird die Säule 3a gepuscht. Der Bundesrat will sogar nachträgliche Einkäufe in die Säule 3a ermöglichen. Allein diese neue Regelung könnte bis zu 600 Millionen Franken pro Jahr kosten. Bei der direkten Bundessteuer entgehen dem Fiskus 100 bis 150 Millionen Franken, bei den Einkommensteuern wären es Schätzung 200 bis 450 Millionen Franken.

 

Klar: Es braucht Lösungen, um das Rentensystem und die Rentenhöhe trotz Langlebigkeit ausgeglichen zu halten. Ein Ausbau der Säule 3a ist jedoch der falsche Weg. Da die Bevölkerung mehrmals zum Ausdruck gebracht hat, dass weitere Rentenkürzungen nicht toleriert werden, müssen die Beiträge im obligatorischen Rentensystem erhöht werden. Das ist aus sozialpolitischen Überlegungen die effizienteste Lösung.