Wie gut diversifiziert sind PK-Portfolios wirklich?


24. April 2019, von Beatrix Wullschleger und Professor Daniel Höchle, beide sind Dozenten am Institut für Finanzmanagement der Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Wirtschaft
Zwischen Hammer und Amboss – so müssen sich Schweizer Pensionskassen fühlen. Zum einen gilt es mindestens 2,3 Prozent Sollrendite zu erzielen, was im Niedrigzinsumfeld nur durch das Eingehen von Risiken möglich ist. Zum anderen sind die Risiken aber mit Bedacht zu wählen.
Trend zu höherer Aktienquote
Auf der Suche nach Rendite in einem Marktumfeld mit teils negativen Zinsen sahen sich viele Schweizer Pensionskassen in den letzten Jahren gezwungen, ihre Vermögensallokation an die neuen Gegebenheiten anzupassen und das Anlagerisiko hochzufahren. Entsprechend haben sie ihren Aktienanteil zwischen 2008 und 2017 zu Lasten von Obligationen substantiell erhöht, gemäss Swisscanto Pensionskassenstudie im Schnitt um 10 Prozent.
Das zahlt sich nun aus, denn trotz all der politischen Unsicherheiten zeigt der Blick auf die Renditen an den Aktienmärkten seit Jahresbeginn nur eitel Sonnenschein. Viele Aktienindizes haben in den ersten drei Monaten dieses Jahres kräftig an Wert zugelegt. So notiert der Swiss Performance Index (SPI) aktuell gut 15 Prozent über dem Stand vom Ende 2018. Angesichts der neuen Höchststände scheinen die gegen Ende des Vorjahres erlittenen Kursverluste in weiter Ferne.
Neben der Erhöhung der Aktienquote sahen die Pensionskassen auch in der Verbesserung der Diversifikation einen Ausweg aus der Zwickmühle. Besonders deutlich zeigt sich dies bei den alternativen Anlagen, wo die breitere Streuung zugleich auch eine Verschiebung hin zu illiquideren Vermögenswerten bedeutete. Während Rohstoffe und Hedgefonds abgebaut wurden, kamen Infrastrukturanlagen, Insurance-Linked Securities oder Private Debt Investments vermehrt zum Zuge. Auch die ohnehin schon stattlichen direkten wie indirekten Immobilienbestände wurden weiter ausgebaut. Das typische Pensionskassenportfolio ist somit nicht nur stärker über verschiedene Anlageklassen verteilt, sondern auch deutlich illiquider und risikoreicher als vor der Finanzkrise von 2008.
Reserven können schnell schmelzen
Haben die Pensionskassen damit die Lösung für eine nachhaltige Erwirtschaftung der Sollrendite im Niedrigzinsumfeld gefunden? Nicht zwingend. Auf die Illiquiditätsprämie zu setzen, scheint zwar attraktiv. Das Problem ist aber, dass sich illiquide Anlagen während einer Krisensituation oft nur schwer und, falls überhaupt, kaum zu einem fairen Preis veräussern lassen.
Man könnte zwar versuchen, die Risiken in einer Frühphase der Krise abzubauen. Für den Absprung wird jedoch in den seltensten Fällen der richtige Zeitpunkt erwischt. Kippt die Stimmung an den Märkten, kommt ein hoher Anteil an illiquiden Anlagen teuer zu stehen.
Zudem entpuppt sich bei Börsenturbulenzen auch das höhere Aktienrisiko als Bumerang: Der moderate Einbruch an den Aktienmärkten Ende 2018 hat die über die letzten Jahre aufgebauten PK-Reserven gemäss Swisscanto Pensionskassen-Monitor von 14,4 auf 7,7 Prozent fast halbiert.
Risikofaktoren zentral
Zudem ist die effektive Höhe des Aktienrisikos nur schwer abschätzbar. Pensionskassen, welche sich durch die in den letzten Jahren aufgebaute, breitgefächerte Anlageklassen-Diversifikation auf der sicheren Seite wähnen, befinden sich möglicherweise in gefährlicherem Fahrwasser als ihnen lieb ist: Eine breitgefächerte Vermögensallokation führt nicht automatisch zu einer effektiven Diversifikation der Risiken (siehe Grafik auf Seite 2). Aktienrisiko versteckt sich beispielsweise auch in Private Equity-Anlagen. Entsprechend sollte der Fokus weniger auf eine möglichst breite Streuung der Anlageklassen, sondern vielmehr auf eine effektive Diversifikation der dem Portfolio zu Grunde liegenden Risikofaktoren gelegt werden.
Dies hat zwei Vorteile: Erstens wird ein derart strukturiertes Anlageportfolio im Krisenfall weniger in Mitleidenschaft gezogen. Zweitens eröffnen sich damit auch neue, interessante Anlageopportunitäten. Low Volatility, Momentum und andere sogenannte Faktorstrategien ermöglichen eine liquide und kostengünstige Alternative zu illiquiden Anlageklassen.
Im Vergleich zu letzteren sind Faktorstrategien in der Regel weniger komplex, fangen aber ebenso Risikoprämien ab. Doch auch sie sind kein Allheilmittel und entsprechend nicht immun gegen Wertverluste oder eine Unterperformance im Vergleich zur Benchmark.
Vor dem Hintergrund des anhaltenden Niedrigzinsumfelds scheint es dennoch attraktiv, neben Aktien, Obligationen, Immobilien und anderen illiquiden Anlagen auch in Faktorstrategien zu investieren. Dies kann nicht nur zu einer Verbesserung der effektiven Diversifikation des Portfolios führen, sondern ermöglicht auch die Partizipation an zusätzlichen, bislang vielleicht vernachlässigten Renditequellen.
Professor Daniel Höchle und Beatrix Wullschleger sind beide Dozenten am Institut für Finanzmanagement der Fachhochschule Nordwestschweiz Hochschule für Wirtschaft