Wer mitreden will, muss lernen
Von Susanne Kapfinger, Ökonomin und Redaktionsleiterin
Sich up-to-date zu halten ist anspruchsvoll. Dies gilt in hohem Masse auch für Stiftungsräte. Die Ansprüche an die Vermögensverwaltung – der Kernaufgabe einer Pensionskasse – steigen. Einerseits müssen im Asset Management in einer Ära ultratiefer Zinsen neue Anlageklassen erschlossen werden. Anderseits hat die Nachhaltigkeitsdiskussion das Risikoverständnis verändert. Das setzt Weiterbildung voraus. Wer in diesem Umfeld mitreden will, muss lernen.
Auffällige Renditeunterschiede
Es ist schwierig, im Tiefzinsumfeld eine positive Rendite zu erzielen und gleichzeitig die eigene Risikofähigkeit optimal auszuschöpfen. Wie schwierig dies ist, zeigen die enormen Renditeunterschiede zwischen den Pensionskassen. Im Anlagejahr 2019 reicht die Spannbreite laut Pensionskassensstudie der Swisscanto Vorsorge AG von 3 bis 19,3 Prozent. Die Streuung der Renditen nähme im Laufe der Jahre eher zu als ab. Es ist offensichtlich, dass unterschiedliche Anlagestrategien dazu führen.
Chancen besser nutzen
Die Auswertungen zeigen: Grosse Kassen setzen deutlich stärker auf alternative Anlagen – sie performen über einen längeren Zeitraum betrachtet damit besser. Stiftungsräte sollen sich deshalb vermehrt mit neuen – noch wenig bekannten – Anlagekategorien auseinandersetzen. Vorderhand wird die Anlagestrategie aber über die Risikofähigkeit der Kasse bestimmt: Je mehr Aktive pro Rentner, desto risikofähiger ist die Kasse. Untersuchungen zeigen jedoch, dass performanceschwache Kassen ihre Risikofähigkeit nicht optimal ausschöpfen. Sie könnten bessere Renditen erzielen, indem sie mehr Risiken eingingen. Das setzt eine Veränderung im Risikoverständnis voraus. Täten sie dies, wären die Renditeunterschiede zwischen den Kassen nicht mehr so gross: Die performanceschwächsten zehn Prozent der Pensionskassen erzielten über einen Zeitraum von fünf Jahren kumuliert 14 Prozent weniger Rendite als diejenigen Kassen an der Spitze der Rangliste.
Verändertes Risikoverständnis
Das Risikoverständnis wird auf eindrückliche Weise bereits durch den Klimawandel verändert. Die Nachhaltigkeitsdiskussion beeinflusst über ESG-Konzepte die Finanzwelt immer stärker. In der Auseinandersetzung mit den Risiken aus den Bereichen Umwelt Soziales und Unternehmensführung (ESG) ist es unausweichlich, dass sich auch Stiftungsräte einen Überblick verschaffen. Schliesslich sind sie gefordert, diesbezüglich Position zu beziehen und diese ihren Stakeholdern gegenüber zu kommunizieren. Die Aus- und Weiterbildung zur nachhaltigen Finanzierung ist unabdingbar geworden.
Sustainable Finance Fitness
Die Integration von Nachhaltigkeit in die Finanzaus- und -weiterbildung steht aber noch am Anfang, wie eine aktuelle Untersuchung des Bundesamtes für Umwelt zeigt. Wichtige Beiträge für die Ausbildung im Bereich nachhaltige Finanzen leistet zum Beispiel Swiss Sustainable Finance (SSF). Die Vereinigung unterstützt Praktiker beim Aufbau relevanten Knowhows mit E-Learning-Tools sowie Veröffentlichungen und Webinaren. Daneben arbeitet SSF auch an Projekten im Bereich Nachhaltigkeit bei Immobilieninvestitionen, ESG-Transparenz in Portfolios und Finanzinstrumenten für eine kohlenstoffarme Wirtschaft.
Expertise erkennen
Stiftungsräte müssen keine Experten im Bereich Sustainable Finance sein. Sie müssen sich aber genügend Knowhow aneignen, um entscheiden zu können, welcher Partner ihre Nachhaltigkeitsziele auch richtig umsetzt. Bildung ist ein wichtiger Hebel für mehr Nachhaltigkeit und Performance.