Schweizer sind bei Vorsorgefragen nicht doof!

5. Oktober 2016, von Susanne Kapfinger

Nicht unerwartet weicht der Nationalrat in der Debatte zur Altersreform vom ständerätlichen Kurs ab: Er will das Rentenalter auf 67 Jahre erhöhen, sobald die AHV in finanzielle Schieflage gerät. Einen Zuschlag auf den AHV-Renten lehnte er ab. Zudem strich er die Witwenrenten zusammen.

Appell an den Ständerat

Die Reform der Altersvorsorge muss gelingen. Das sehen alle Beteiligten ein. Der Nationalrat ist bei der Behandlung der Reform «Altersvorsorge 2020» weitgehend den Anträgen seiner vorberatenden Kommission gefolgt. Er hat damit einerseits wichtige Entscheide des Ständerates bestätigt, anderseits aber auch verschiedene Differenzen geschaffen. Entscheidend ist nun, dass die Differenzbereinigung zu einem mehrheitsfähigen Gesamtpaket führt.

Schade, weil der Nationalrat mit seinen Vorschlägen richtig liegt. Der Sicherungsmechanismus zur Finanzierung der AHV ist clever erdacht. Und die AHV-Rente auf dem heutigen Niveau zu belassen, ist vernünftig, wenn man keine Beitragserhöhung in Betracht zieht.

Wichtig: Das vorgesehene Mehrwertsteuer-Prozent ist ein Demografie-Prozent und darf nicht für Erhöhungen des Leistungsniveaus missbraucht werden. Das wäre eine Zweckentfremdung. Da eine Erhöhung der AHV-Beiträge nicht zur Diskussion steht, muss auch nicht über eine Leistungserhöhung gestritten werden. Diese vom Nationalrat vorgeschlagenen Massnahmen sind vernünftig.

Die Frage bleibt, wie vernünftig der Ständerat darauf reagiert und wieviel  Vernunft man dem Stimmvolk zutraut.

AHV-Zuschlag nicht erwünscht

Zuerst zum Stimmvolk: Schweizer haben in der Vergangenheit ein gutes Gespür gezeigt, zu erkennen, welche Massnahmen möglich und machbar sind. Die Ablehnung der AHVplus-Initiative hat dies deutlich gezeigt. Eine Erhöhung des Leistungsniveaus ist ohne Beitragserhöhung nicht machbar. Das Umlageergebnis ist seit 2015 negativ. Und die roten Zahlen werden fortgeschrieben bis vielleicht einmal ein zusätzliches Mehrwertsteuer-Prozent zu Mehreinnahmen führt.

In der 2. Säule ist die Ausgangslage schwierig: Die Senkung des Umwandlungssatzes wurde in der Vergangenheit mehrmals abgelehnt. Doch seit der letzten Abstimmung hat sich einiges bewegt, auch das Problembewusstsein der Stimmbürger dürfte geschärft sein. Man darf sich hier nicht an Stimmergebnisse der letzten Jahre klammern. Stichwort: Die Umverteilung von Jung zu Alt nimmt zu – unter anderem auch wegen teils unterschiedlicher Verzinsungen der Alterskapitalien. Damit fühlen sich auch die älteren Generationen nicht wohl.

Senkung trifft nicht alle gleich

Die geplante Senkung des Mindestumwandlungssatzes trifft zudem nicht alle gleich stark. Je stärker der überobligatorische Teil im Altersvermögen, desto schwächer wirkt sich die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes auf die Rente aus. Die volle Wirkung der Senkung spüren nur Versicherte der BVG-Kassen. Die Mehrheit der Kassen ist aber umhüllend. Das müsste in der ständerätlichen Diskussion stärker berücksichtigt werden.

Einige Kassen mit Überobligatorium haben überdies ihre Umwandlungssätze  bereits gesenkt. Die Versicherten verstehen die Auswirkungen der Negativzinspolitik der Nationalbank, weil sie als Privatanleger ebenfalls davon betroffen sind. Dass infolge auch die Anlagezinsen niedrig ausfallen und die Umwandlungssätze angepasst werden müssen, ist nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund muss man auch die Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 wie vom Nationalrat vorgeschlagen sehen: Das Verständnis dafür steigt. Dies, weil die Renten aus der beruflichen Vorsorge tendenziell sinken. Dann ist es naheliegend länger zu arbeiten, um das gewünschte Leistungsniveau noch zu erreichen.

Nun muss der Ständerat vernünftig sein und von seinem AHV-Zuschlagsvorschlag absehen: Das Stimmvolk braucht keinen Deal, sondern eine zukunftsfähige Lösung. Dazu gehört kein AHV-Zuschlag.

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