Schweizer FinfraG-Lösung

6. April 2016, von Regula Berger-Hitz

Das Finanzmarktinfrastrukturgesetz (FinfraG) ist seit 1.1.2016 in Kraft und gilt auch für Vorsorgeeinrichtungen. Kernstück des neuen Gesetzes sind Regeln für den ausserbörslichen Handel mit Derivaten (OTC Derivaten) wie beispielsweise Optionen, Termingeschäfte oder Swaps, deren Preise von den Kursschwankungen und Preiserwartungen anderer Werte abgeleitet sind.

Derivathandel mit neuen Regeln

Vorsorgeeinrichtungen und Anlagestiftungen sind vom FinfraG erfasst und gelten als sogenannte «finanzielle Gegenparteien». Sie müssen beim Handel mit Derivaten drei Pflichten erfüllen: Die Abrechnungspflicht (OTC Derivate werden über zentrale Gegenparteien abgerechnet), die Meldepflicht für alle Derivate (OTC und börsengehandelte Derivate) und die Risikominderungspflichten für nicht über zentrale Gegenparteien abgerechnete OTC Derivate.

Die Abrechnungspflicht soll das Gegenparteirisiko, das heisst die Wahrscheinlichkeit, dass die Gegenpartei des Kontraktes ihren Verpflichtungen nicht nachkommen kann, auf zentrale Gegenparteien transferieren. Zentrale Gegenparteien, die gemäss FinfraG zu den Finanzmarktinfrastrukturen zählen, treten somit als Käufer für jeden Verkäufer und als Verkäufer für jeden Käufer auf.

Für die Abrechnungspflicht hat der Schweizer Gesetzgeber eine auf unsere Verhältnisse angepasste Lösung geschaffen, die kein Pendent in der EU findet. Das FinfraG unterscheidet zwischen kleinen finanziellen Gegenparteien und grossen finanziellen Gegenparteien, womit den zahlreichen kleinen Banken, Versicherungsunternehmen und Vorsorgeeinrichtungen Rechnung getragen wird, da deren Derivatehandelstätigkeit nach Ansicht des Gesetzgebers kein Systemrisiko darstellt.

Entsprechend sind Vorsorgeeinrichtungen von der Pflicht befreit, ihre OTC Derivate zentral abzurechnen, sofern die Durchschnittsbruttoposition aller ausstehenden OTC Derivate nach Abzug aller Währungsswaps und -termingeschäfte kleiner als 8 Milliarden Franken ist und deren OTC-Derivate-Gegenparteien ausschliesslich Schweizer Banken sind. Andernfalls – also mit Erreichen des Schwellenbetrages oder aufgrund der Wahl einer EU-Gegenpartei – hat die Vorsorgeeinrichtung die aufwendigen und im Verhältnis zur Anzahl Transaktionen teuren Vorkehrungen zur zentralen Abrechnung der OTC Derivate zu treffen.

Nur einseitige Meldepflicht

Die Meldepflicht definiert, dass jeder Abschluss eines Derivates wie auch dessen Wertveränderungen auf täglicher Basis an ein von der Finanzmarktaufsicht bewilligtes oder anerkanntes Transaktionsregister zu melden sind. Auch hier sieht das FinfraG eine moderatere Lösung als die EU vor, indem in der Schweiz nur eine einseitige Meldepflicht gilt.

Aller Voraussicht nach wird die Mehrheit aller Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz den Schwellenbetrag nicht überschreiten und damit als kleine finanzielle Gegenparteien qualifiziert. Solchenfalls wird sie die Meldepflicht kaum tangieren, da aufgrund der im Gesetz definierten Meldekaskade stets die grosse Partei melden muss.

Risikominderungspflicht per 1.1.2017

Die Risikominderungspflichten – rechtzeitiger Austausch der Transaktionsbestätigungen, Portfolioabgleich sowie die Streitbeilegungspflicht – haben alle Vorsorgeeinrichtungen mit einer Übergangsfrist von einem Jahr per 1.1.2017 zu erfüllen. Zu den Risikominderungspflichten gehört zudem die Besicherungspflicht aller OTC Derivate mit Sicherheiten, die hoch liquide sind und damit eine hohe Wertbeständigkeit auch in einer Stressperiode aufweisen. Vorsorgeeinrichtungen haben die Pflicht zum Austausch von Nachschusszahlungen, welche die Transaktionspartner vor dem laufenden Risiko von Marktpreisveränderungen nach Ausführung der Transaktion schützen, per 1.9.2017 umzusetzen.

Um auch weiterhin Risiken mit Derivaten kostengünstig reduzieren zu können, gilt es, die Portfolios hinsichtlich Transaktionsarten sowie dahingehend rechtzeitig zu prüfen, ob die Gegenparteien in- oder ausländisch sind, und anschliessend allenfalls Massnahmen zu treffen, um von den Vorteilen des FinfraG profitieren zu können.

* Regula Berger-Hitz ist Juristin und stellvertretende Leiterin Documentation Trading Products der Zürcher Kantonalbank

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