Rente in Flatcoin – logisch!
Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit
Kryptowährungen auf der Lohnabrechnung sind heute keine Zukunftsmusik mehr. Wer zum Beispiel bei Microsoft arbeitet, kann sich Boni in Bitcoin auszahlen lassen. Und der Tech-Gigant ist nicht allein. Laut aktueller KPMG-Umfrage bieten immer mehr Unternehmen Kryptowährungen zur Lohnzahlung an oder sie tun es in nächster Zukunft. Das digitale Geld ist damit definitiv in der seriösen Geschäftswelt angekommen.
Lange Zeit galt Seriosität nicht zu den Haupteigenschaften der Kryptowelt. Das ist heute anders. Seit Regulierungsbehörden den Rechtsrahmen rund um digitale Vermögenswerte und Kryptowährungen stärken, steigt die Rechtssicherheit. Das Stadium des Laisser-faire ist nun vorbei. Es gibt Regeln zu beachten: In einer Lohnabrechnung mit Kryptowährung fallen beispielsweise Sozialversicherungsbeiträge an, genau wie beim Kauf oder Verkauf von Tokens. Das muss im Abrechnungsmechanismus der Personalabteilung berücksichtigt werden.
Gesunde Marktkonsolidierung
Die Erfolgsgeschichte von Bitcoin & Co geht also weiter, trotz der jüngsten Talfahrt. 2022 sah es zunächst nicht so gut aus: Verbraucherinnen, Unternehmen und Investoren auf der ganzen Welt haben fast 2 Billionen US-Dollar auf dem Markt für digitale Vermögenswerte verloren. Die Verluste ausgelöst hat der Zusammenbruch des Terra-Luna-Tokens und die Pleite der Kryptobörse FTX. Das habe einen Konsolidierungsprozess eingeleitet, ähnlich wie beim Platzen der Dotcomblase im Falle des Internets, sagt Marc Bürki, CEO von Swissquote.
Expertinnen und Experten stufen den Krypto-Crash denn auch als gesunde Entwicklung ein. Wichtig sei, dass die künftigen Aktivitäten im Bereich Krypto in einem regulierten und verlässlichen Rahmen erfolgen. Einen solchen Rahmen auf globaler Ebene will das Forum «Digital Currency Governance Consortium» schaffen, dem mehr als 80 Organisationen angehören.
Stabilität gesucht
Die derzeit unsicheren Finanzmärkte spielen der Krypto-Industrie in die Hände. Denn wegen der hohen Marktvolatilität suchen Anlegerinnen vermehrt Alternativen zu klassischen Vermögenswerten. Dazu zählen auch Bitcoin & Co. In den vergangenen Monaten haben Kryptowährungen erneut einen Aufschwung erlebt. Zum Parken ihrer Gelder bedienten sich Investoren insbesondere Stablecoins. Sie dienen als Brücke zwischen digitalen Vermögenswerten und traditionellem Geld, indem ihr Wert an eine Fiat-Währung wie Euro oder Dollar gebunden ist.
Einige Investoren stehen Stablecoins jedoch auch kritisch gegenüber. Der Gründer der Hedgefondsfirma Bridgewater Associates schlägt stattdessen die Schaffung einer inflationsgebundenen digitalen Münze vor, welche die Kaufkraft der Verbraucher sichert. Diese Idee verfolgen viele Web3-Persönlichkeiten mit sogenannten Flatcoins. Das sind Stablecoins, die an die Lebenshaltungskosten gekoppelt sind, statt an Vermögenswerte wie Fiat-Währungen. Zu den ersten Flatcoin-Projekten gehören laut Seba Bank Nuon, Frax Finance oder Truflation.
Rente mit Kaufkraft
Eine inflationsgebundene Währung macht für Sozialversicherungen Sinn. Denn eine Rentenzahlung in Flatcoin wäre eine Rente mit stabiler Kaufkraft – egal wie hoch die Inflation ist. Wenn Boni in Bitcoin oder einer anderen Kryptowährung bezahlt werden können, warum sollte es nicht auch Flatcoin-Renten geben? Es wäre der nächste logische Schritt, nachdem im Kanton Zug Steuerpflichtige mit Bitcoin und Ether zahlen können und diverse Pensionskassen in Kryptowährungen investieren. Beispiele gibt es bereits: die Pensionskasse für Lehrer in Ontario (OTPP), die schwedischen AP-Fonds oder die niederländische Pensionskasse «Metaal en Techniek».