Regierung muss sich sputen

Von Susanne Kapfinger, Redaktionsleiterin AWP Soziale Sicherheit

Der Bundesrat soll einen Zahn zulegen in Sachen Digitalisierung. Das haben die Eidgenössischen Räte in der Frühjahrssession deutlich gemacht. Sie wollen den Digitalisierungsprozess in der Arbeitswelt und im Gesundheitswesen beschleunigt wissen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine Motion der FDP-Fraktion einstimmig gutgeheissen. Sie verlangt, dass der Einsatz der Telemedizin gefördert wird und jede Art von Korrespondenz zwischen den Akteuren im Gesundheitswesen in Zukunft digital erfolgt. 

Uraltes Digitalisierungsprojekt

Letzteres soll durch die Einführung des elektronischen Patientendossiers ermöglicht werden. Das Parlament fordert, dass es für alle Akteure schnell zur Norm wird: Nicht nur stationäre Einrichtungen wie etwa Spitäler sollen es so rasch wie möglich einführen, sondern alle Gesundheitsfachpersonen. Der Bundesrat muss den Auftrag nun umsetzen. 

Das elektronische Patientendossier ist ein Dauerthema sowohl bei den Kantonen als auch beim Bund. Im Rahmen der Strategie eHealth Schweiz erschien es schon im Jahr 2007 auf der Agenda – das war vor 14 Jahren. Inzwischen gibt es eine Zweitauflage  der Strategie mit Gültigkeit bis 2022. Es zeichnet sich jedoch ab, dass auch jetzt das Ziel nicht erreicht wird.  Das hat sogar eine zweite Motion auf den Plan gerufen, wonach das elektronische Dossier innerhalb des Krankenversicherungsgesetzes Vertragsbestandteil von alternativen Versicherungsmodellen werden soll. Heute ist das nicht möglich. Es soll aber nach wie vor auf Freiwilligkeit für beide Seiten beruhen. 

Bitte auf Remote schalten

Die Corona-Pandemie hat die Dringlichkeit für Digitalisierungsprojekte nicht nur im Gesundheitswesen erhöht, sondern auch in der Arbeitswelt. Seit der Homeoffice-Pflicht sind flexible Arbeitsformen nicht nur in der Privatwirtschaft an der Tagesordnung, sondern auch beim Bund. Doch der Ständerat ist der Meinung, dass die Administration auch hier einen Gang höher schalten muss. Laut Postulat von Hansjörg Knecht (SVP/AG) sollen Arbeitsplätze in der Verwaltung im Zuge der Digitalisierung deutlich stärker dezentralisiert werden. Das Postulat wurde oppositionslos an den Bundesrat überwiesen. In den nächsten Monaten wird eine Reihe von Massnahmen erwartet. 

Kostenquote auf Minimum drücken

Die Eile bei den Digitalisierungsprojekten liegt auf der Hand. Digitale Arbeitsprozesse sind schneller und effizienter. Damit lassen sich also Kosten sparen und im Gesundheitssektor liessen sich gleich mehrere Milliarden Franken effizienter einsetzen. Das Thema hat auch im Hinblick auf die steigenden Krankenkassenprämien enorm an Bedeutung gewonnen.

Was es heisst, wenn man Arbeitsprozesse  voll digital ausgestaltet, zeigen auf eindrückliche Weise Digitalversicherungen.  Die Dunkelverarbeitungsquote – das heisst die Gesamtheit der Prozesse, die ohne menschliche Interaktion und somit in Echtzeit ablaufen – liegt hier bei bis zu 80 Prozent. Viele Digitalversicherer bauen die Quote sogar noch weiter aus. Der Erfolg dieser Strategie zeigt sich mit zunehmendem Volumen, wie ein Praxisbeispiel zeigt: Während das Geschäftsvolumen sich verfünffacht, steigt der Verwaltungsaufwand lediglich um 40 Prozent. Das heisst: Digitale Arbeitsprozesse ermöglichen Wachstum bei gleichzeitg stark sinkender Kostenquote. Zudem kann man auf besondere Umstände schnell reagieren. 

Angesichts dieses Potenzials erscheinen die 30 Millionen Franken geradezu läppisch, die der Bund den Gemeinschaften für den Aufbau des elektronischen Patientendossiers gewährt. Hier dürfte ruhig ein stärkeres Commitment an den Tag gelegt werden. 

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