«Pensionskassen werden kaum Immobilien verkaufen»

Interview mit Stephan Lüthi, Leiter Immobilien im Asset Management der Zürcher Kantonalbank.
Susanne Kapfinger: Wie entwickeln sich die Immobilienquoten in den Anlageportfolios der Pensionskassen?
Stephan Lüthi: Die durchschnittliche Schweizer Immobilienquote stieg 2022 erneut an. Doch im Unterschied zu den Vorjahren war der Anstieg vor allem marktbedingt. Das Potential für einen weiteren spürbaren Anstieg des Immobilienanteils halte ich für begrenzt. Angesichts der stabilen Performance dürften die Pensionskassen die bestehenden Quoten aber auch nicht abbauen.
Wie schätzen Sie die Marktsituation im Wohnsegment ein?
Beim Wohnen kann mittlerweile in vielen Schweizer Regionen von einer Wohnungsknappheit gesprochen werden. Dies dürfte sich angesichts der tiefen Bauvolumen bei anhaltender Zuwanderung kurz- bis mittelfristig nicht ändern. Gleichzeitig dürften die Angebotsmieten weiter steigen, insbesondere in urbanen Gegenden. Zudem führt der Anstieg des Referenzzinssatzes zu Erhöhungen der Bestandsmieten.
Von den kommerziellen Flächen wird weniger gesprochen.
Auch die kommerzielle Flächennachfrage ist in den grossen Sektoren Büro, Industrie und Food-Retail an guten Lagen in der Schweiz solide. In den Innenstädten von Zürich und Genf sind derzeit sogar kaum grössere leerstehende Büroflächen zur Miete verfügbar und die Spitzenbüromieten steigen an. Ausserhalb der Innenstädte ist die Bürosituation kompetitiver, doch sind grössere Büroleerstände meist isoliert auf bestimmte Teilmärkte oder Liegenschaften. Daher dürften sich die Mieterträge im kommerziellen Segment insgesamt seitwärts bewegen oder aufgrund der Indexierung an die Konsumentenpreise leicht erhöhen.
Haben die Zinserhöhungen zu Reaktionen auf den Transaktionsmärkten geführt?
Auf dem direkten Transaktionsmarkt für Renditeliegenschaften fand in den letzten zwölf Monaten eine Verschiebung von einem ausgeprägten Verkäufermarkt zu einem ausbalancierteren Angebot-/Nachfrage-Verhältnis statt. Das Angebot an attraktiven Ankaufsmöglichkeiten nimmt zu und Käuferinnen und Käufer können wieder opportunistischer auf Objekte bieten. Die Investorennachfrage fokussiert sich dabei auf das Wohnsegment sowie erstklassige kommerzielle Liegenschaften.
Wohin bewegen sich die Renditen?
Die Ankaufsrenditen sind seit den Tiefständen im ersten Halbjahr 2022 angestiegen. Entsprechend werden die Immobilienbewertungen sich vorerst seitwärts bewegen oder leicht unter Druck kommen.