Nachruf

Mit unserem Verleger Hansjürg Saager über das Drei-Säulen-Modell zu diskutieren, kam einer Zeitreise gleich. Wie er Diskussionen, die in politische Entscheide mündeten, detailliert nachzeichnete, sich an wortgewaltig geführte Duelle zwischen Politikern erinnerte und es verstand, aktuelle Debatten eingebettet in gesamtgesellschaftliche Fragestellungen präzise zu analysieren und zu kommentieren, war faszinierend. Eindrucksvoll war auch der reiche Fundus an Argumenten, aus welchem Hansjürg Saager schöpfte, um seine Standpunkte zu untermauern und mit welcher Hingabe er sich für seine Überzeugungen einsetzen konnte.


Am 18. Juli ist Hansjürg Saager nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 77 Jahren gestorben.
 
Die Nachricht vom Tod des Gründers und Verlegers von «AWP Soziale Sicherheit» hat die Redaktion sehr getroffen. Wir haben mit ihm einen Menschen verloren, der sich zeitlebens auf vielfältige Weise für das Thema der Sozialen Sicherheit in der Schweiz engagiert und einen grossen Beitrag geleistet hat, die Komplexität der Materie, insbesondere der Beruflichen Vorsorge, auf breiter Basis verständlich zu machen. Lange bevor das Thema von den «Tageszeitungen vertieft aufgegriffen und viele Jahre bevor das BVG in Kraft gesetzt wurde», erinnert sich Vorsorgeexperte Peter Wirth, «hat er die soziale und auch wirtschaftliche Bedeutung der Altersvorsorge erkannt». Bereits 1975 hatte Hansjürg Saager die bis heute stattfindenden AWP-Tagungen ins Leben gerufen. Diese standen anfänglich ganz im Zeichen der Ausführungsgesetze der beruflichen Vorsorge. «Bekämpfung der Komplexität» war das Schlagwort, welches damals schweizweit kursierte und nebst der Aus- und Weiterbildung einen wesentlichen Grund für die jährlichen Treffen darstellte, wie Hansjürg Saager anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums der AWP-Tagung geschrieben hatte.


Hansjürg Saager war der festen Überzeugung, dass «die langfristige Sicherung des Drei-Säulen-Modells eine Voraussetzung für die Stärkung des Mittelstandes und eine Grundbedingung für einen konfliktfreien Ausgleich zwischen den Generationen und zur Überwindung des gesellschaftlichen Gefälles darstellt», wie sich Jürg Steinacher, Freund und Wegbegleiter, erinnert. Auch hat Hansjürg Saager frühzeitig die wachsende Verantwortung der Pensionskassen mit ihrem verwalteten Gesamtvermögen vor dem Hintergrund einer boomenden Börse thematisiert. So habe die Geldschwemme, die von den Notenbankleitern dank intensiver Betätigung der Notenpresse in Umlauf gesetzt wird, einmal ihr Ende. Und spätestens dann werde man erkennen, «dass hinter diesen Noten mit ihren zahlreichen Nullen nicht viel mehr als ein Stück Papier steckt und die von diesem verstärkten Geldumlauf bei gleichzeitiger Niedrigzinspolitik angeheizte Börsenhausse keine reale Rechtfertigung mehr findet», sagte Hansjürg Saager in der Eröffnungsrede zur AWP-Tagung 2014.


Das Interesse an der Wirtschaft hat bei Hansjürg Saager früh eingesetzt und sein ganzes Leben lang angehalten. Bereits als junger Journalist, Ende Sechziger Jahre, war er für die von Walter von Känel 1957 gegründete AG für Wirtschaftspublikationen (AWP) tätig, die er nach dem überraschenden Tod von von Känel 1972 übernommen hatte. Mit Weitsicht und viel unternehmerischem Geschick baute Saager gemeinsam mit seiner Frau Franziska Saager die AWP schrittweise zur grössten Schweizer Wirtschaftsnachrichtenagentur auf. Auch dabei bewies Saager ein gutes Gespür für die Zeichen der Zeit. So erinnert sich ein ehemaliger AWP-Journalist, dass bei der AWP bereits Anfang 80er Jahre ein Zentralcomputer mit Netzanschluss installiert worden war und man durch den Einsatz modernster Technologien der Zeit damals weit voraus war. Im Jahr 2001 sah Saager den Zeitpunkt gekommen, die operative Führung der AWP schrittweise abzugeben. Er verkaufte die Gesellschaft, blieb ihr aber ab 2006 als Verwaltungsratspräsident bis Anfang 2017, und danach als Ehrenpräsident und Autor von Rohstoff-Berichten erhalten.


Neben seinem Erfolg als Unternehmer wusste Hansjürg Saager genau, «dass sich das Soziale im Zusammenleben der Menschen nicht nur über Materielles definieren lässt». So hatte er sich führenden Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch und Amnesty International ebenso zur Verfügung gestellt wie er sich auch für die Rechte und den Schutz der Tiere und ihrer Lebenswelt stark machte. Sein grösstes Lebensprojekt verfolgte er mit der Peace Parks Foundation im Süden Afrikas. Dieses geht auf eine Initiative von Nelson Mandela, von Prinz Bernhard der Niederlande und dem südafrikanischen Unternehmer Anton Rupert zurück. Das Ziel der Stiftung ist es, alle Natur- und Tierschutzgebiete im südlichen Afrika so zu verbinden, dass eine durchgängige Lebenswelt vom Indischen Ozean bis zum Atlantik entsteht. Die Peace Parks sind somit nicht nur ein Friedensprojekt für Tiere und bedrohte Biodiversität, sondern auch für die Menschen – finden sie doch im Zeichen von «Fair Tourism» ein dringend benötigtes Auskommen damit.


Ob bei Projekten in der Ferne oder zuhause – Hansjürg Saagers Überzeugung, dass der Weg hin zu Wohlstand und Stabilität über einen gesicherten Arbeitsfrieden führt, Eigenverantwortung ebenso gefordert ist wie das Gemeinwesen, kommt überall zum Vorschein. Die Vielfalt von Hansjürg Saagers Engagements legen Zeugnis ab von seiner facettenreichen Persönlichkeit. Er förderte die Bildende Kunst (u.a. Metropolitan Museum of Art New York und das African Art Center Capetown), zahlreiche Musikfestivals (u.a. Davos, St. Petersburg und Salzburg) und das Musiktheater (u.a. Vicenza und Glyndebourne) sowie Nachwuchskünstler. Hansjürg Saager pflegte desweiteren sehr gute Beziehungen zum Kunsthaus Zürich, das er bei dessen Neubau unterstützt hat. Er war ein Experte für antike Münzen (römisch und griechisch) und für das Werk des griechischen Vasenkünstlers Exekias (5. Jht. v. Chr.). Wir werden Hansjürg Saagers Andenken in Ehren halten und seine Zeitschrift im Sinne des Gründungszwecks weiterführen.

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