Nachhaltigkeit rückt in der Agenda nach oben
22. Mai 2019, von Susanne Kapfinger
Die steigenden Sorgen um den Klimawandel treiben weitreichende Veränderungen an. Weltweit ergreift die Politik – auch auf Druck der Bevölkerung – Massnahmen zur Senkung von CO2- Emissionen. Dass auch Unternehmen und Investoren gezwungen sind auf Klimarisiken zu reagieren, liegt auf der Hand. Ebenfalls betroffen sind Vorsorgeeinrichtungen.
Nachhaltiges Finanzwesen
In der Frühjahrssession wurden zum Thema «nachhaltige Finanzierung» neun parlamentarische Interventionen eingereicht. Der Hintergrund: Die Europäische Union hat den Aktionsplan «Finanzierung nachhaltigen Wachstums» erstellt. Dieser soll in den nächsten drei Jahren umgesetzt werden und wird praktisch alle Finanzmarktregularien verändern. Neu werden beispielsweise Nachhaltigkeitsfaktoren in das Risikomanagement, die Transparenzanforderungen und die Kundenberatung integriert. Damit werden sie zum neuen Standard und müssen von allen Finanzdienstleistern berücksichtigt werden. Die Schweiz steht hier unter Zugzwang und Zeitdruck. Ohne entsprechende Anpassungen könnte der Zugang zum europäischen Finanzmarkt bald erschwert werden.
Auch der Wirtschaft bereitet der Marktzugang Sorgen: Das Beratungsunternehmen PwC Schweiz rät beispielsweise dem Bundesrat verbindliche Vorgaben zu entwickeln, damit Schweizer Finanzinstitute Nachhaltigkeitsfaktoren standardmässig messen und integrieren. Die Wirksamkeit freiwilliger Massnahmen für das Klima im Finanzbereich wird zunehmend bezweifelt. Angesichts der internationalen Entwicklungen in Sachen Nachhaltigkeit steht die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzmarktes auf dem Spiel.
Aufbau internationaler Standards
In der Bevölkerung hat der Paradigmawechsel bereits stattgefunden: Rund drei Viertel der Schweizerinnen und Schweizer sind bereit, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen. Im Kanton St. Gallen führte der Druck der Öffentlichkeit dazu, dass Kantonsräte rund zwei Dutzend Vorstösse zu den Themen Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit eingereicht haben. Sie werden im Juni behandelt an einem speziellen Klima-Sessionstag. Laut Energie-Trendmonitor 2019 glauben ebenso viele Schweizer, dass ihnen die Zeit davonläuft. In dieser Beziehung scheint sich die Weltbevölkerung erstmals einig zu sein. Davon zeugt die wachsende Anzahl ausländischer Initiativen, wie Grossbritanniens Green Finance Initiative oder Singapurs Asia Sustainability Initiative.
Die Folge: Internationale Organisationen UNO, OECD, G20 bemühen sich immer entschlossener um neue Nachhaltigkeitsstandards. Die wichtigsten Trends erläuterte Sabine Döbeli, CEO Swiss Sustainable Finance, an der 46. AWP-Tagung. Lesen Sie mehr dazu ab Seite 2. Die Weltgemeinschaft ändert dezidiert die Verhaltensregeln auf den Finanzmärkten. Die Stiftungsräte von Vorsorgeeinrichtungen tun gut daran, sich mit neuen Spielregeln vertraut zu machen und zwar je schneller, desto besser