Mehr Schutz dank FIDLEG und FINIG

27. Februar 2019, von *Regula Berger
Vorsorgeeinrichtungen profitieren von zwei neuen Gesetzen: Dem Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und dem Finanzinstitutsgesetz (FINIG). FIDLEG erfasst Einrichtungen der beruflichen Vorsorge zwar nur indirekt – sie sind nicht Adressat des Gesetzes. Mit dem FIDLEG liegt ein aufsichtsrechtliches Gesetz vor, welches den Kunden im Bereich der Finanzdienstleistungen schützt. Vermutlich hat das FIDLEG aber eine Ausstrahlungswirkung auf das Privatrecht, so dass die Pensionskassen dessen Vorgaben gegenüber den Finanzdienstleistern einfordern können. Dazu gilt es drei Punkte zu beachten.
Opting-in jederzeit möglich
Erstens gelten Vorsorgeeinrichtungen als professionelle Kunden. Die Finanzdienstleister dürfen bei professionellen Kunden grundsätzlich davon ausgehen, dass diese über die erforderlichen Kenntnisse und Erfahrungen betreffend Finanzdienstleistungen und -instrumente verfügen.
Professionelle Kunden können ihrem Finanzdienstleister gegenüber jedoch mittels Opting-in jederzeit erklären, dass sie als Privatkunden gelten wollen. So profitieren sie durch die Verhaltens- und Produktvorschriften von erhöhtem Schutz.
Nicht delegierbare Prüfungen
Zweitens bilden Verhaltensregeln den Kern des Kundenschutzes. Das FIDLEG schreibt hier die allgemeinen Informationspflichten des Finanzdienstleisters vor und sorgt damit für grössere Transparenz. Dazu zählen auch die Vorgaben zur Angemessenheits- und Eignungsprüfung.
Bei der Prüfung der Angemessenheit muss sich der Finanzdienstleister über Kenntnisse und Erfahrungen seiner Kunden erkundigen und vor der Empfehlung von Finanzinstrumenten prüfen, ob diese für den Kunden angemessen sind. Die Eignung wird über die finanziellen Verhältnisse und Anlageziele sowie über die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden geprüft.
Bei Vorsorgeeinrichtungen werden diese Pflichten durch die Identifikation des Risikoprofils erfüllt. Dieses setzt sich aus der Sollrendite und der Risikofähigkeit zusammen. Die Definition der Anlagestrategie und die Einhaltung der vorsorgerechtlichen Anlagevorschriften obliegt weiterhin der Vorsorgeeinrichtung.
Retrozessionen klar definiert
Drittens müssen die Finanzdienstleister eine Reihe weiterer Pflichten erfüllen: Dokumentations- und Rechenschaftspflichten, Transparenz- und Sorgfaltspflichten und Vorschriften zur bestmöglichen Ausführung von Kundenaufträgen in finanzieller, zeitlicher und qualitativer Hinsicht. Im Rahmen der Organisationsvorschriften wird der Umgang mit Interessenkonflikten vorgegeben. Finanzdienstleister treffen angemessene organisatorische Vorkehrungen, um Interessenkonflikte, die bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen entstehen können, zu vermeiden, oder die Benachteiligung der Kunden durch Interessenkonflikte auszuschliessen.
Auch die Regeln zum Thema Retrozessionen sind definiert: Finanzdienstleister dürfen Entschädigungen von Dritten nur annehmen, wenn sie die Kunden vorgängig ausdrücklich über die Entschädigung informiert haben und diese darauf verzichten; oder wenn sie die Entschädigung vollumfänglich an die Kunden weitergeben.
Innerhalb der Produktregulierung ist die Pflicht zur Erstellung eines Basisinformationsblattes zentral und im Sinne der Waffengleichheit gibt es Regeln im prozessualen Bereich. Dazu gehören die Pflicht zur Herausgabe von Kundendokumenten sowie die Regelung der Ombudsstellen.
FINIG erhöht Schutz für PK
Nebst diesen neuen aufsichtsrechtlichen Vorgaben in FIDLEG werden mit dem Finanzinstitutsgesetz (FINIG) die Bewilligungsvoraussetzungen sektorübergreifend für alle Marktteilnehmer des Finanzplatzes vereinheitlicht. Gegenstand des FINIG ist die einheitliche Regelung der Anforderungen an Finanzinstitute, die Vermögenswerte von Drittpersonen verwalten. Das heisst: Die neuen Regeln gelten auch für Verwalter von Kollektivvermögen, die Vermögenswerte im Namen und auf Rechnung von Vorsorgeeinrichtungen verwalten.
Zudem werden die bisher von der Oberaufsichtskommission berufliche Vorsorge zugelassenen Verwalter von Vermögenswerten von Vorsorgeeinrichtungen neu der FINMA unterstellt.
Die wichtigste Änderung ist, dass die Vorsorgeeinrichtungen selber entscheiden, welchen Grad an Schutz sie wollen. Dies, indem sie mittels Opting-in erklären können wie Privatkunden betreut werden zu wollen. Ebenso bedeutend ist, dass die Verwalter von Vorsorgevermögen neuerdings im FINIG erfasst und prudenziell durch die FINMA beaufsichtigt werden. Die Vorsorgeeinrichtungen kommen dadurch in den Genuss verbesserter Aufsicht und mehr Schutz.
*Regula Berger ist Bereichsleiterin Legal und Compliance und Mitglied der Geschäftsleitung der Basler Kantonalbank