Machtwort einer alternden Bevölkerung
Die Umverteilung von den Aktivversicherten zu den Rentnern verschärft sich. 2015 betrug sie nach Schätzung der Credit Suisse 5,3 Milliarden Franken – 2010 waren es 3,5 Milliarden. Die Politik löst dieses Problem nicht, trotz Reform. Dabei stehen die Ampeln auf grün, dass die Reform durchgewunken wird.
Befürworter formieren sich
Auf der Befürworterseite finden sich neben der SP und den Gewerkschaften auch die Delegierten der Grünen und der CVP. Beide haben sich deutlich für ein Ja zur Reform ausgesprochen. Diese sei unter dem Strich «fair und ausgeglichen». Sie erfülle die drei Grundbedingungen: Halten des Leistungsniveaus, Sicherung der AHV-Finanzierung und Absicherung der Vorlage in einem Gesamtpaket. Laut CVP Schweiz sind die Renten bis mindestens 2030 gesichert, und die Lösung kommt dem Mittelstand zugute. Ebenfalls die Ja-Parole beschlossen hat die Landwirtschaftskammer des Schweizerischen Bauernverbandes: Vom AHVZuschlag und vom höheren Ehepaar-Plafonds profitieren sowohl die Bauernfamilien als auch deren Angestellte, die oft ein tiefes Einkommen haben. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,3 Prozentpunkte ab 2021 und der AHVBeiträge belasten zwar, seien aber tragbar. Wichtig für Selbständigerwerbende mit tiefem Einkommen ist auch die Beibehaltung der degressiven Beitragsskala bei den persönlichen AHV-Beiträgen.
Lautstarke Reformgegner
Doch nicht alle fühlen sich wohl mit der Reform. Die Schweizerische Gewerbekammer, das Parlament des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), beschloss die Nein-Parole. Es sei unverantwortlich, die Leistungen der AHV nach dem Giesskannenprinzip auszubauen: AHV-Renten steigen dadurch auch bei Menschen, die von der Senkung des Mindestumwandlungssatzes nicht betroffen sind. Für unseriös halten sie auch die Finanzierung der Altersreform: Im Jahr 2025 müssten die Mehrwertsteuersätze abermals erhöht werden. Auch die Lohnbeiträge müssten nach 2030 mindestens um weitere 0,3% angehoben werden. Klar abgelehnt wird die Einführung einer Zweiklassen-AHV. Die heutigen Rentner werden über die Mehrwertsteuer zur Kasse gebeten, gehen aber bei der Erhöhung der AHV-Beiträge leer aus. Ein Scheitern der Reform hält die Gewerbekammer ganz im Gegensatz zu einigen Pensionskassen für keine Katastrophe.
Keine Generationengerechtigkeit
Die Stellungen sind bezogen. Ein Lager für Generationengerechtigkeit gibt es nicht. Diskutiert wird lediglich die Wahrung des Besitzstandes von Rentnern, den die Aktivversicherten auf Biegen und Brechen sicherstellen sollen. Inzwischen müssen einige Versicherte im Überobligatorium Umwandlungssätze von 5% hinnehmen oder einen technischen Zins von 1%. Diese Neurentner sind die Gebeutelten. Kommt es zu Zinssteigerungen werden sie kaum daran teilnehmen. Dies weil ihre Rente genau so festgefroren ist wie jene, die sich an einem Umwandlungssatz von 6 und mehr Prozent laben und für Pensionierungsverluste sorgen. Es ist Zeit, darüber nachzudenken, unter welchen Umständen es wünschenswert ist, dass gesprochene Renten unantastbar bleiben. Wo eine alternde Bevölkerung das Machtwort hat, liegt die generationengerechte Lösung jenseits der Politik. Richten können es noch die Bundesrichter in Lausanne, wenn sie sich mit dem Fall PwC befassen. Die Beraterfirma will laufende Renten dynamisieren.