Neues Börsensegment für Start-ups

Die Börsenbetreiberin SIX reagiert schnell auf Trends: Im Oktober eröffnete sie das neue Marktsegment für KMU. Es bietet Start-ups eine effiziente Möglichkeit sich zu finanzieren, sagt SIX-Verwaltungsratspräsident Thomas Wellauer.

 

Young-Sim Song: Die Pandemie ist auch an der SIX nicht spurlos vorbeigegangen. Das Handelsvolumen an der Börse hat sich 2020 zeitweise verdreifacht. Was wäre, wenn es erneut zum Lockdown kommt?

Thomas Wellauer: Wenn die Massnahmen international verschärft werden müssen, dann gibt es vermutlich eine Verunsicherung an den Börsen mit höherer Volatilität und wahrscheinlich höheren Handelsvolumen. Ich denke, die Auswirkungen wären nicht gleich stark ausgeprägt wie vor einem Jahr, am ehesten wieder im Bereich der Bargeldnutzung. 

 

Im historischen Vergleich gibt es immer weniger Börsengänge. Und es gibt auch öfters Dekotierungen. Ist das im Oktober neu eingeführte KMU-Segment Sparks eine Antwort darauf?

Ja, das ist sicher eine Antwort, um kleineren Unternehmen den Zugang früh und einfach möglich zu machen. Es ist eine effiziente Möglichkeit für ein KMU, sich zu finanzieren. Es gelten die gleichen Regeln, aber etwas entschärft: Das Unternehmen darf erst zwei Jahre alt sein und einen Streubesitz von lediglich 15 Prozent aufweisen. Wenn das Unternehmen wächst, ist später ein automatischer Wechsel in das Hauptsegment möglich.

 

Verkomplizieren nicht zwei Segmente nebeneinander die ganze Sache?

An der Madrider Börse BME gibt es mit BME Growth bereits ein solches Segment mit über 100 Unternehmen – da haben wir gesehen, dass sich kleinere Unternehmen wohlfühlen in einem Umfeld mit ihresgleichen. Und wenn sich ein Investor entschliesst, in ein Start-up zu investieren, dann kann er sich in dem Segment umschauen. Man sieht das auch an anderen Börsen: Die meisten haben so ein Spezialsegment für KMU.

 

Wie viele Börsengänge versprechen Sie sich mit Sparks?

Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten fünf Jahren 10 bis 20 IPOs haben werden. Ohne aggressiv zu schätzen.

 

Der Trend, in eine Mantelgesellschaft zu investieren, die später eine nicht kotierte, noch nicht bekannte Gesellschaft übernimmt, verstärkt sich. Deshalb wurde hier ein neues Segment geschaffen: Spac dürfen ab Dezember an der Schweizer Börse kotiert werden.

Erfreulicherweise hat die Finma dem zugestimmt, und wir haben jetzt endlich die Zulassung. Für die Schweiz ist es wichtig, dass wir die Möglichkeit schaffen, «Special purpose acquisition companies» – kurz Spac – zuzulassen. Denn wenn ein Schweizer Unternehmen sich von einem Spac kaufen lassen will, dann wird es das tun. Und wenn es keine Schweizer Spac gibt, dann wird es ein ausländisches Spac sein, und dann ist das Unternehmen weg.

 

Weg vom traditionellen Börsengeschäft führt auch die SIX Digital Exchange, die erstmals eine Anleihe lanciert hat. Es ist immer wieder zu Verzögerungen gekommen. Was waren die grössten Probleme?

Wir wussten von Anfang an, dass es sich um ein langfristiges Projekt handelt und wir damit Neuland betreten. Der ganze Lizenzierungsprozess hat daher mehr Zeit gebraucht, als wir ursprünglich gedacht hatten. Ausserdem hat sich in den vergangenen drei Jahren gezeigt, dass sich bei so einem Projekt die Prioritäten verschieben können. Eine Zeit lang standen non-bankable Assets wie die Tokenisierung von Immobilien oder Kunstwerken im Vordergrund. Jetzt sind wir tendenziell zurück bei den traditionellen Vermögenswerten. Beides wird nach meiner Überzeugung kommen.

 

Wann könnte die neue Infrastruktur das jetzige System ablösen?

Das heutige System funktioniert sehr gut. Daher müssen wir den Beweis erbringen, dass die neue Technologie schneller und günstiger ist. Wann eine Ablösung kommen könnte, wäre vollkommene Spekulation. Aber voraussichtlich nicht in den nächsten Jahren.

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