Immobilien-Investoren: Agilität gefordert
Schweizer Immobilien belegen gemessen an ihrem Anteil Rang 3 in den Portfolios hiesiger Pensionskassen. Sie werden von vielen Investoren als risikoarme Anlageklasse wahrgenommen, die eine attraktive Rendite verspricht. Die Einnahmen sind gut prognostizierbar und relativ stabil: Die Nettorenditen liegen aktuell bei knapp unter 4%. Das Rendite/Risiko-Profil von Direktanlagen in Schweizer Immobilien dürfte sich allerdings ändern.
Ende eines Superzyklus
Der Immobilienzyklus steht an einem Wendepunkt: Zwei Trends werden die Attraktivität im Heimmarkt tendenziell mindern.
Erstens: Der anhaltend rege Wohnungsbau trägt zu weiter steigenden Leerständen bei Mietwohnungen bei. Die sinkende Nettozuwanderung verstärkt diesen Trend zusätzlich. Gemäss Schätzung der Credit Suisse werden aktuell zwischen 5 000 und 6 000 Wohnungen pro Jahr «zu viel» gebaut (10% der Neubautätigkeit). Das Überangebot bringt die Mietpreise unter Druck. Die Bautätigkeit dürfte erst sinken, wenn sich der Renditespread von Immobilienanlagen gegenüber anderen Anlagen wieder normalisiert.
Zweitens: Marktteilnehmer rechnen nicht damit, dass die Preise am Schweizer Immobilienmarkt weiter steigen werden. Die Hälfte erwartet für die nächsten zwölf Monate stagnierende und ein Viertel gar sinkende Preise laut einer Umfrage von KPMG. Es zeichnet sich das Ende der zinsgetriebenen Preisrally ab. Dies gilt für Wohn-, wie auch für Verkaufsflächen.
Unterschiedliche Risikoprofile
Diesen Wendepunkt vor Augen, steigen insgesamt die Risiken auf den hiesigen Immobilienmärkten. Es sind jedoch nicht alle Teilmärkte gleich betroffen. So ist vor allem der Mietwohnungsmarkt von markanten Leerständen gezeichnet. Wogegen die Leerstände bei Wohneigentum auf tiefem Niveau verharren. Bei den kommerziellen Immobilien ist bei den Verkaufsflächen in den meisten Regionen ein Überangebot zu orten, während Büroflächen weniger betroffen sind.
Nicht nur bei den Nutzungsarten, auch in den Regionen bestehen Unterschiede: Überdurchschnittliche Leerstände gibt es vor allem in zentrumsfernen Agglomerations- und ländlichen Gemeinden. Ausserdem sind sie mehrheitlich in Bestandesliegenschaften und nicht in Neubauten zu finden.
Für Investoren bedeutet das: Die Standortwahl, Objektqualität und ein nachhaltiges Mietpreisniveau werden in Zukunft noch wichtiger. Trotz der gestiegenen Risiken bleiben Schweizerische Immobilienanlagen insgesamt wegen dem beachtlichen Renditespread zu Staatsanleihen eine attraktive Renditequelle.
Somit wird weiteres Kapital in den Immobilienmarkt fliessen und die Bautätigkeit anheizen. Die Leerstandsproblematik wird sich akzentuieren.
Kaum kalkulierbare Flächen-Killer
Im kommerziellen Bereich treibt die Digitalisierung die Leerstände zusätzlich an. Unternehmen optimieren im Zuge der Digitalisierung ihre Prozesse. Ressourcenoptimierende Arbeitsplatzmodelle – wie Desk Sharing – werden die Büroflächennachfrage dämpfen. Bereits 45% der Arbeitgeber setzen auf Desk Sharing, wobei laut aktuellen Zahlen (FM-Monitor) ein Verhältnis von 140 Stellenprozenten pro Arbeitsplatz angestrebt wird. Auch die Automatisierung von Bürotätigkeiten wird die Nachfrage eher schrumpfen lassen.
Eine Mehrheit der Marktteilnehmer glaubt auch, dass aufgrund des technologischen Wandels – Stichwort Online-Handel – der Bedarf an Verkaufsflächen abnehmen wird.
Suche nach Nischensegementen
Diese Entwicklungen werden die Mietpreise und die Nettorenditen zusätzlich unter Druck setzen. Diesem Renditedruck kann man sich nur Entziehen, durch ein Ausweichen in Nischensegmente, eine sorgfältige Selektion der Investitionsobjekte oder ein Engagement in ausländische Immobilienmärkte. Immobilien bleiben für Pensionskassen zentral, ein Selbstläufer sind sie aber definitiv nicht.