Gefragt: Zusätzliche Kompetenzen
Von Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit
Die Immobilienmärkte sind seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mit einem blauen Auge davon gekommen: Sie entwickeln sich seit 2020 stabil, wobei Wohnen stark an Bedeutung gewonnen hat. Immobilienexperten beobachten einerseits eine gesteigerte Nachfrage im Bereich Wohneigentum. Da ist der Markt vielerorts ausgetrocknet. Andrerseits verzeichnet auch der Mietwohnungsmarkt eine starke Nachfrage – die Leerstände sinken.
Das darf Immobilieninvestoren aber nicht ruhigstellen. Die Branche ist mehr als alle anderen Branchen von langfristigen Trends getrieben. Dauert doch die Nutzungsphase einer Immobilie 30 bis 50 Jahre. Die Herausforderung der Immobilienbranche liegt deshalb darin, die Megatrends, die Wirtschaft, Gesellschaft und unseren Globus prägen, einzuplanen. Dazu zählen: gesellschaftlicher Wandel, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Bestandserneuerung nicht so einfach
80 Prozent des Immobilienbestands stammen aus dem letzten Jahrtausend. Die Erneuerung des Immobilienbestands muss zum einen als Chance genutzt werden die Lebensräume neu zu gestalten. Denn der gesellschaftliche Wandel lässt neue Flächenbedürfnisse entstehen. Beispiele des gesellschaftlichen Wandels sind die veränderte Stadt-Land Diskussion oder das veränderte Mobilitätsverhalten. Es wird vermehrt ortsunabhängig gearbeitet. Das setzt flexible Arbeits- und Lebensräume voraus. Wenn sich aber Objektnutzungen vermehrt durchmischen, macht das auch die klassische Nutzungsplanung zunehmend obsolet.
Einreihen in die Kreislaufwirtschaft
Zum anderen steht die Immobilienwirtschaft bei ihrem Vorgehen neu in der Pflicht, das Klima zu berücksichtigen. Somit geht es bei der Gebäudeerneuerung darum, den fossilen CO2 Ausstoss zu vermeiden. Dazu werden in den grossen Immobiliengefässen CO2-Absenkpfade verfolgt. Das kann heissen, dass die Erneuerungen des Immobilienbestands nicht immer mit einem Abbruch einhergehen müssen. In Zukunft wird man sich öfter nach den Zielen der Kreislaufwirtschaft orientieren. Es geht aber auch darum, die Auswirkungen des Klimawandels an den Immobilien und im Umfeld der Immobilien zu managen. Stichwort Umweltrisiken, Hitzeinseln oder Bewertungsfragen.
Langfristig wird der Klimawandel zusätzliche Migrationsströme auslösen. Die Schweiz wird als relativ sicheres und wohlhabendes Land mit erhöhter Migration rechnen müssen – dem Bevölkerungswachstum geht die Luft nicht aus.
Trend digitales Bauen
Nebst Klima und gesellschaftlichem Wandel beschäftigt Digitalisierung die Branche. Einige Total- und Generalunternehmen haben ihr Geschäftsmodell dahingehend angepasst. Es entstehen neue Bereiche, wie digitales Bauen. Oder es werden zunehmend digitale Kommunikationsmittel zwischen Geschäftspartnern, Vermietern oder Mietern genutzt. Die Digitalisierung der Bau- und Immobilien wird über Kooperationen mit Proptech-Firmen vorangetrieben. Das Problem: wie findet man den richten Partner? Allein im deutschsprachigen Raum gibt es über 500 digitale Dienstleister. Viele von ihnen scheinen ähnliche Services zu bieten. Die Proptech-Software sollte mindestens zwei Eigenschaften erfüllen: die Integration von Zusatzsoftware muss nahtlos möglich sein. Zudem sollte die Software mobilfreundlich und browserunabhängig sein.
Entwicklung fortsetzen
Die genannten Megatrends bedeuten für Immobilien-Player zweierlei: Um Kunden bei zukünftigen Entscheidungen besser unterstützen zu können, müssen neue zusätzliche Bewertungs- und Beratungskompetenzen aufgebaut werden – vielleicht wird auch eigene Software entwickelt. So vermeidet man am Schluss zwei blaue Augen.