Flucht in (mehr) Sicherheit

Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit

Bislang haben sich die Befürchtungen einer Rezession nicht bewahrheitet und die Erwartungen der Schweizer Unternehmen sind positiv. Entspannt ist die Marktlage deswegen nicht. Dazu ist der anhaltende Inflationsdruck vor allem im Ausland zu hoch. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) schliesst weitere Zinsschritte nicht aus, wie der SNB-Delegierte Roland Scheurer am Vorsorgeforum in Interlaken bestätigte.

 

Real bleibt nicht viel übrig

Für Vermögensverwalter heisst das: «Fixed income is back». Doch nicht alles, was glänzt, ist aus Gold. Festverzinsliche Anlagen werfen zwar wieder mehr Zinsen ab – nominell betrachtet. Die Realzinsen bleiben aber aufgrund der hohen Inflationserwartungen tief. Realwerte wie Immobilien und Aktien haben deshalb immer noch Potenzial. Geld fliesst bei festverzinslichen Anlagen dennoch: Die Rendite auf 10-jährige Schweizer Bundesobligationen beträgt über 1 Prozent. Bis 2025 dürfen laut Swiss Life 0,3 Prozentpunkte hinzu kommen. Das ist viel relativ zum BVG-Mindestzins, der aktuell 1 Prozent beträgt. Mehr Geld bieten Staatsanleihen aus Europa und den USA. Die Renditen bewegen sich in der Regel zwischen 3 und 4 Prozent. Bei US-Geldmarktfonds winken Anlegerinnen gemessen am 3-Monats-Schatzbrief sogar etwas über 5 Prozent.

 

Infrastrukturprojekte finanzieren

Solche Zinserträge bewegen viele Anleger dazu, Gelder umzuschichten. Doch nicht nur die Nachfrage seitens Pensionskassen ist da. Auch das Angebot wächst: Der Sovereign Borrowing Outlook der OECD schätzt, dass der Bruttokreditbedarf dieses Jahr um 6 Prozent auf 12,9 Billionen US-Dollar steigen wird. Der Hintergrund: Viele Staaten versuchen Haushalte und Unternehmen vor steigenden Preisen zu schützen. Hinzu kommen Infrastrukturprogramme für die Energiewende. Das muss finanziert werden. Infolge steigen die Staatsschulden. Zuletzt hatte die Coronakrise die Schulden stark erhöht. Seitdem steht der Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung im OECD-Durchschnitt immer noch 10 Prozentpunkte über dem Niveau vor der Pandemie. Das Problem: Die lange Periode günstiger Finanzierungsbedingungen ist vorbei. Mit den höheren Zinsen werden Staatsschulden deutlich teurer. Die Kreditkosten für OECD-Staatsanleihen haben sich seit 2021 mehr als verdoppelt. Damit steigen die Ausfall- respektive Kreditrisiken. Für Investoren stellt sich die Frage nach dem Schuldenmanagement: In vielen Staaten fehlen institutionelle Rahmenbedingungen, um öffentliche Schulden zu managen.

 

Zahlungsschwierigkeiten sind real

In der Schweiz gibt es die Schuldenbremse. Sie trägt dazu bei, dass der Bund als Schuldner Höchstnoten von den Ratingagenturen erhält. Das trifft für Kantone, Städte und Gemeinden nicht zu, ihre Ratings liegen tiefer. Sie entscheiden selbst über ihre Finanzen, wobei Kantone die kommunalen Haushalte stark beeinflussen können. Und nicht alle Gemeinden verfügen über genügend Fiskaldisziplin. Der Schuldenausfall von Leukerbad zeigte es deutlich. Investoren mussten die Obligation abschreiben. Schweizer Gemeinden stossen zunehmend an Leistungsgrenzen und können wenig dagegen tun. Sie können weder die Bevölkerungsalterung aufhalten, noch den Trend zur Dezentralisierung von Staatsaufgaben. Beides erhöht die kommunalen Ausgaben für soziale Sicherheit und Gesundheit. Diese Bereiche sind am kostenintensivsten (siehe Seite 2) – allen voran die Langzeitpflege. Zudem wachsen die Ansprüche der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an kommunale öffentliche Güter und Dienstleistungen. Dadurch stehen zahlreiche Städte und Gemeinden vor «substanziellen» finanziellen Herausforderungen. Deshalb gilt für Investoren, die Obligationen öffentlicher Körperschaften eingehend zu prüfen.

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