«Es braucht einen CO2-Preis oder eine andere Regulation»

ESG-Ratings sind sinnlos, weil jeder etwas anderes unter Nachhaltigkeit versteht, sagt Philipp Aeby, CEO Reprisk.

Michael Bolzli: Reprisk geniesst über die Finanzbranche hinaus einen guten Ruf. Was machen Sie besser als Anbieter von ESG-Ratings?

Philipp Aeby: Wir bewerten Nachhaltigkeitsrisiken eines Unternehmens auf Grundlage von Informationen aus öffentlichen Quellen – als einziges ESG-Datatech-Unternehmen weltweit. Selbstauskünfte von Firmen schliessen wir bewusst aus, da diese oft veraltet und unvollständig sind, sowie Risiken verschleiern können. ESG-Ratings andererseits versuchen, im Bereich Nachhaltigkeit zwischen guten und schlechten Firmen zu unterscheiden. Das ist aber sinnlos, denn Nachhaltigkeit ist für jeden etwas anderes. Darum unterscheiden sich die Ratings je nach Agentur erheblich.

Und dennoch sind ESG-Ratings Grundlage vieler «nachhaltiger» Finanzprodukte.

Für die Finanzbranche sind die Ratings einfach. Sie können damit weitermachen wie bisher und müssen einzig ihr Anlage-Universum einschränken. Doch langsam setzt ein Umdenken ein, weil durch dieses simple Ausschluss-Verfahren keine positive Auswirkung auf Umwelt und Gesellschaft erzielt wird.

Inwiefern ein Umdenken?

Investoren und Firmen sind immer mehr an konkreten Themen interessiert: Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen, Abholzung oder Biodiversität. Hier kommt Reprisk ins Spiel: Wir erfassen und analysieren jedes Unternehmen und jedes Infrastrukturprojekt weltweit, das ESG-Risiken ausgesetzt ist. Das sind über 200 000 öffentliche und private Unternehmen sowie mehr als 45 000 Infrastrukturprojekte. Unser System zeigt Probleme, bevor ein Skandal entsteht.

Das klingt nach Minority Report! Haben Sie also 2015 den VW-Abgasskandal voraussehen können?

Unsere Kunden hatten die Informationen bereits 2014, da die verantwortliche Nichtregierungsorganisation ihren Bericht damals bereits publiziert hatte.

Sehen Sie Themen, die heute noch zu wenig ernst genommen werden?

Beim CO2-Ausstoss wird viel geredet, aber es passiert noch zu wenig. Schlussendlich braucht es einen Kohlenstoffdioxid-Preis oder eine andere Regulation, damit sich etwas ändert. Eine Firma aus der Zementbranche kann eine CO2-Senkung nicht von sich aus machen. Dafür müsste sie die Produktion drosseln. Das werden sie erst machen, wenn der CO2-Preis so hoch ist, dass sich die herkömmliche Herstellung nicht mehr lohnt.

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