Die Digitalisierung hat zwei Seiten, sie verfügt über ein enormes Innovationspotenzial, kann aber auch zum Stolperstein werden. Im Branchenvergleich hat sich Sanitas früh mit dem Thema Digitalisierung auseinandergesetzt.
Entsprechend konnten wir viel Erfahrung sammeln: Wir verfügen heute über ein etabliertes Kundenportal und auch bei der Entwicklung von digitalen Dienstleistungen sind wir gut unterwegs. Nennenswert sind besonders die Active App, das digitale Impfbüchlein oder das digitale Gesundheitsprogramm «Psychische Balance».
Wir sehen dieses Innovationspotential als Chance. Das Ziel dabei ist, dass die Dienstleistungen den Versicherten das Leben einfacher machen. Zudem sollen Kunden auf digitalen Kanälen unsere hohe Dienstleistungsqualität spüren.
Drei wichtige Voraussetzungen
Die Implementierung ist allerdings nicht unproblematisch. Es gibt gewisse Voraussetzungen, die ich als erfolgskritisch einstufe. Erstens, müssen wir als Unternehmen im angestammten, «analogen» Geschäft die Prozesse und Kundenbeziehungen im Griff haben. Unsere Kundinnen und Kunden sollen uns vertrauen können.
Zweitens, müssen wir finanziell genügend solide aufgestellt sein, um die für die Digitalisierung notwendigen Investitionen zu tätigen. Drittens, müssen wir die Grösse haben, um die dichten, regulatorischen Anforderungen der Krankenversicherungsbranche erfüllen zu können.
Stolperstein: Mut zum Wandel
Der entscheidende Stolperstein beim digitalen Wandel ist ein kultureller. Die Digitalisierung verändert unsere gesamte Gesellschaft. Sie ist mehr, als die Implementierung einer neuen Technologie – mit einer App am Markt ist noch kein Sieg errungen. Die Digitalisierung erfolgt auf verschiedenen Ebenen: Wertschöpfungsketten brechen auf. Der Kunde rückt ins Zentrum unserer unternehmerischen Aufmerksamkeit. Arbeitnehmer verändern ihren Lebensstil, ihre Erwartungen an den Arbeitsplatz und ihre Arbeitsweise. Neue Personalstrategien sind erforderlich.
Die Folge: Bestehende Geschäftsfelder, Produkte und Dienstleistungen müssen bewusst fortgeführt oder bewusst losgelassen werden. Es entsteht zwar ein enormes Potential für Innovation. Dieses zu nutzen ist zugleich eine grosse Herausforderung. Das Management muss hier als Katalysator für Innovation wirken: Es müssen Fachkräfte gewonnen werden, um diese Innovationen zu realisieren.
Einsparungen absehbar
Ob sich die Investitionen in die Digitalisierung lohnen, ist heute nur schätzbar. Fest steht, dass das Potential für Einsparungen sehr gross ist. Die Versicherungswirtschaft entwickelt sich immer stärker vom abwicklungsorientierten zum kundenorientierten Anbieter. Ich plädiere dafür, diesen Prozess als Chance zu sehen. Insbesondere werden durch die Digitalisierung neue, sinnvolle Dienstleistungen möglich. Es entstehen neue Wertschöpfungsketten, für die es nach wie vor Knowhow und Fachkräfte braucht.
Fakt ist, dass im Zuge der Digitalisierung Player aus dem Versicherungsmarkt ausscheiden. Das ist allerdings für unsere Branche nicht neu. Der Krankenversicherungsmarkt konsolidiert sich seit Jahren. Gemäss Bundesamt für Statistik existierten 2006 noch 87 Krankenversicherer. Heute sind es 56. Die Anzahl der obligatorischen Krankenversicherer ist damit jährlich um fast 5% zurückgegangen.
Regulator als Konsolidierungstreiber
Dieser Trend setzt sich auch in Zukunft fort. Es werden nicht alle Krankenversicherer finanziell, kulturell und von ihrer Marktpositionierung die Digitalisierung meistern. Gleichzeitig werden neue, branchenfremde Unternehmen in den Gesundheits- und Krankenversicherungsmarkt einsteigen. Ein grosser Treiber der Konsolidierung ist aber der Regulator. Die steigenden, regulatorischen Anforderungen sind gerade für kleine Krankenversicherer kaum mehr zu meistern.