Code: Good Governance
Die Denkfabrik Avenir Suisse will das Schweizer Stiftungswesen umbauen (siehe unten). Warum etwas ändern, das gut funktioniert, meint Beate Eckhardt (Geschäftsführerin von Swiss Foundations)
Die Diskussion über Good Governance bei gemeinnützigen Stiftungen kann in der Schweiz nicht geführt werden, ohne den Swiss Foundation Code ganz an den Anfang zu stellen. Seit seiner Einführung im Jahr 2005 hat er die Entwicklung der Foundation Governance in der Schweiz massgeblich geprägt. Von einer unabhängigen Expertengruppe entwickelt, besteht er aus drei Prinzipien und sechsundzwanzig Empfehlungen. Der Code bietet Stiftern und Stiftungsräten einen praxisnahen Orientierungsrahmen für die Gründung und Führung gemeinnütziger Stiftungen in der Schweiz.
Die Befürchtung mancher Skeptiker zu Beginn, dass ein solch selbstregulierendes Instrument zu Überregulierung führt, hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil: Nach der bereits zweiten Auflage des Code hat sich gezeigt, dass die Governance in gemeinnützigen Stiftungen kein starres, unbewegliches Gebilde ist, einmal entwickelt und dann für die Ewigkeit zementiert. Sie ist vielmehr ein Gerüst, ein Turngerät, das die Auseinandersetzung mit der Stiftung, ihrem Zweck, ihren Zielen, ihren Strukturen fördert.
Governance als kreative Kraft
Der Aufbau einer guten Governance ist eine strategische Aufgabe und obliegt dem Stiftungsrat. Er muss sicherstellen, dass alle Prozesse derart gestaltet sind, dass eine wirksame Umsetzung des Stiftungszwecks gewährleistet, ein ausgewogenes Verhältnis von Leitung und Kontrolle gegeben ist und eine angemessene Transparenz über das Tun und Wirken der Stiftung besteht.
«Der Stiftungsrat führt die Stiftung», so die wunderbar lapidare aber doch so zutreffende Empfehlung Vier des Swiss Foundation Code. Der Stiftungsrat ist gut beraten, die Diskussion um die eigene Governance als Chance zu begreifen. Über die Auseinandersetzung mit Governance Fragen entsteht ein gemeinsamer Wertekanon, ein geteiltes Verständnis, was gute Stiftungsarbeit bedeutet. Nicht nur in der Förderung und im Umgang mit den Finanzen, sondern gerade auch, was die eigene Organisation betrifft.
Der Stiftungsrat steht denn auch im Zentrum der Governance-Diskussion. Vom Gesetzgeber mit vielen Freiheiten belassen, darf oder muss der Stifter oder später der Stiftungsrat selbst entscheiden, wie er sich organisiert. Kennt er eine Altersbeschränkung oder eine Beschränkung der Amtsdauer? Wie sieht das Profil eines Stiftungsrates aus? Wie erneuert er sich? Wie wird gesucht und gewählt? Welche Rolle spielen Familienangehörige? Wie geht der Stiftungsrat mit Interessenkonflikten um? Was ist zu tun, wenn eine Präsidentin zu stark oder ein Präsident zu schwach ist? Können Stiftungsräte abgewählt werden?
Flexibilität für die Zukunft bewahren
Diese Auflistung zeigt: Eine gute Governance Diskussion stellt die wichtigen relevanten Fragen rund um die Stiftungsführung, gibt aber keine starren Antworten. Diesem Grundsatz ist der Swiss Foundation Code von Anfang an gefolgt. Er basiert auf Empfehlungen und lässt einen hohen individuellen Interpretationsspielraum zu. Er ist ausholend in der Themenbreite, fordert Stiftungen aber auf, sich selbstverantwortlich mit ihrer eigenen Governance zu beschäftigen.
Für den Stiftungsrat ist die Governance eine Daueraufgabe, ein Work in Progress. Es gibt sie nämlich nicht, DIE Governance. Es gibt nur die richtigen Fragen zum richtigen Zeitpunkt mit Ideen für mögliche Antworten. In diesem Sinne kann Foundation Governance auch als lustvoller, kreativer Prozess verstanden werden.
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Was Avenir Suisse ändern will: www.avenir-suisse.ch
Avenir Suisse empfiehlt zahlreiche Massnahmen zur Weiterentwicklung der Schweizer Stiftungsbranche: So sollen u.a. Grundlagen für eine professionelle Stiftungsaufsicht gelegt und Anreize für Fusionen und Kooperationen geschaffen werden. Fehlende Transparenz wird bemängelt und staatlich vorgeschriebene Ausschüttungsquoten gefordert sowie die Schaffung eines öffentlich zugänglichen Stiftungsverzeichnisses angeregt. pet