Illiquide Anlagen – Stabilisator oder Risiko von Fehlbewertungen?

Von Oliver Dichter und Stephan Skaanes, beide bei PPCmetrics

Neben der Erwartung eine Illiquiditätsprämie abzuschöpfen und die Portfoliodiversifikation zu erhöhen, ist eine häufige Motivation für Investitionen in illiquide Anlagen, dass diese zu einer Glättung des Anlageergebnisses beitragen, das heisst die Volatilität des Deckungsgrads reduzieren. Die aktuelle Marktentwicklung scheint dieses Argument zu stützen. Während zum Beispiel gelistete Private Equity Fonds (LPX50 Listed PE Index) bis im Juni 2022 29 Prozent an Wert eingebüsst haben, betrug die durchschnittliche Rendite der nicht kotierten Private Equity Funds gemäss dem PPCmetrics Investment Controlling-Universum rund plus 6,5 Prozent. Eine enorme Differenz von rund 35 Prozentpunkten. Wie aber ist dieses Ergebnis nun genau zu interpretieren?

 

Die unterliegenden Anlagen von Private Equity Funds werden mit einer grossen zeitlichen Verzögerung bewertet. Es handelt sich somit nicht um aktuelle Marktwerte. Aufgrund der stark divergierenden Bewertungen von kotierten Aktien und Private Equity ist es wahrscheinlich, dass die unterliegenden Investitionen in den Private Equity Fonds zurzeit kaum zur aktuellen Bewertung veräussert werden könnten, sondern dass, wenn ein Verkauf überhaupt möglich ist, ein deutlicher Abschlag gegenüber der aktuellen Bewertung in Kauf genommen werden müsste.

Obiger Effekt führt zu einer zeitlichen Glättung der Anlagerenditen. Es kann argumentiert werden, dass Pensionskassen einen langen Anlagehorizont aufweisen und dass diese Glättung durchaus gewünscht sein kann. Es gilt jedoch einige mit der Glättung verbundene Probleme zu beachten. 

 

Beschönigung der Finanzlage

Fehlende Marktbewertungen können dazu führen, dass die effektive finanzielle Lage (Deckungsgrad) durch die Modellbewertung beschönigt wird. Dadurch wird das Risikomanagement der Pensionskasse erschwert. Es gibt beispielsweise Pensionskassen, welche die Verzinsung des Sparkapitals vom aktuellen Deckungsgrad abhängig machen. Eine verzerrte Bewertung der illiquiden Anlagen kann entsprechend dazu führen, dass zur falschen Zeit eine zu hohe Verzinsung gewährt wird. 

 

Problem bei Austritten

Das Problem akzentuiert sich im Falle einer Teilliquidation mit Kollektivaustritt. In diesem Fall muss den austretenden Versicherten nebst der Freizügigkeitsleistung auch die Wertschwankungsreserve mitgegeben werden. Eine temporäre Überbewertung von illiquiden Anlagen kann dazu führen, dass die Pensionskasse auf Kosten der verbleibenden Versicherten zu viele Reserven ausbezahlt. 

Im Falle eines anhaltenden Markteinbruchs werden früher oder später auch die Preise der illiquiden Anlagen korrigieren. Je nach finanzieller Lage einer Pensionskasse, kann es passieren, dass eine Unterdeckung zu spät erkannt und Sanierungsmassnehmen zu spät ausgelöst werden.

 

Schätzung empfohlen

Die stabilisierende Wirkung von illiquiden Anlagen auf den BVV2 Deckungsgrad ist also ein zweischneidiges Schwert. Der Preis für kurzfristige buchhalterische Stabilität besteht im Risiko von Fehlbewertungen mit den damit verbundenen operationellen Problemen. Pensionskassen mit hohen Allokationen in illiquide Anlagen sollten im Rahmen ihres Risikomanagementprozesses auch eine aktuelle Marktbewertung der illiquiden Anlagen zumindest schätzen, um jederzeit Kenntnis über ihre effektive finanzielle Lage zu haben und wenn nötig Massnahmen wie beispieslweise Sanierungsmassnahmen in einer Unterdeckung nicht erst verspätet einzuleiten. 

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