Technischer Zinssatz – Quo Vadis?

Von Stephan Skaanes und Marco Jost, beide Partner bei PPCmetrics

 Der Zinsanstieg sowie die Unsicherheit an den Aktienmärkten haben im Jahr 2022 zu deutlichen Verlusten auf den Pensionskassenportfolios geführt. Die technischen Deckungsgrade sind seit Jahresbeginn entsprechend um rund 10% eingebrochen. Die reine Sicht auf die technischen Deckungsgrade stellt jedoch die Lage von Pensionskassen schlechter dar, als die Realität. Für Pensionskassen sind steigende Zinsen grundsätzlich etwas Positives. Ein Zinsanstieg bedeutet nämlich eine Verbesserung und nicht eine Verschlechterung der Möglichkeiten, die garantierten Renten zu finanzieren. Der positive Effekt steigender Zinsen wird jedoch erst bei einer Erhöhung der technischen Zinssätze in den Deckungsgraden sichtbar. 

 

Pensionskassen passen den technischen Zinssatz meist nach Ermessen und typischerweise zeitlich stark verzögert an die Kapitalmarktzinsen an. Der jüngste Zinsanstieg hat vielerorts eine Diskussion der Erhöhung der technischen Zinssätze ausgelöst. Die heiklen Fragen sind jedoch ab welchem Zinsniveau, wann oder unter welchen Bedingungen und in welcher Höhe eine allfällige Erhöhung umgesetzt werden könnte. 

 

Gemäss Fachrichtlinie FRP 4 hängt die Obergrenze für den technischen Zinssatz direkt von der Entwicklung der Kapitalmarktzinssätze ab. Falls die Kapitalmarktzinsen bis Ende September 2022 wieder auf das Niveau von Ende Juni 2022 ansteigen würden, käme der geglättete Kassazinssatz auf 0,565% und die Obergrenze auf 2,77% (Periodentafel) resp. 3,07% (Generationentafel) zu liegen. Gemäss der FRP4-Obergrenze wären dann massive Erhöhungen des technischen Zinssatzes denkbar, welche vermutlich kaum eine Pensionskasse so umsetzen würde. 

 

Einige Vorsorgeeinrichtungen haben ihren technischen Zinssatz allerdings bereits an die Marktzinsen geknüpft und werden im laufenden Jahr «automatisch» eine Anpassung nach oben vollziehen. Für Vorsorgeeinrichtungen, die (noch) nicht so vorgehen, könnte der beobachtete Zinsanstieg einen Anreiz geben, die Methode zur Festlegung des technischen Zinssatzes grundsätzlich zu überdenken. Eine regelgebundene Festlegung des technischen Zinssatzes hat Vor- und Nachteile. Wie mit jeder Regel wird der Spielraum des obersten Organs eingeschränkt. Da die Umwandlungssätze in aller Regel langfristig ausgerichtet und (sinnvollerweise) nicht im Rhythmus der Marktzinsen angepasst werden, können sich der technische Zinssatz zur Bewertung der Verbindlichkeiten und der im Umwandlungssatz enthaltene implizite technische Zinssatz kurzfristig stärker voneinander unterscheiden. 

 

Dadurch richten sich die in den Abschlüssen ausgewiesenen technischen Pensionierungsgewinne bzw. -verluste auch stärker an der aktuellen Marktsituation aus, mit entsprechenden Konsequenzen für die zu bildenden technischen Rückstellungen. Zudem lässt sich der Deckungsgrad weniger gut aktiv steuern. Andererseits können jährliche kontroverse Diskussionen im obersten Organ vermieden werden. Die Planungssicherheit, die Transparenz und das Vertrauen der verschiedenen Leistungsempfänger in die objektive Festlegung der Bewertungsparameter würden massiv gestärkt. 

 

Die traditionelle Berechnung der Deckungsgrade berücksichtigt nur die realisierten Vermögensverluste auf den Obligationen nicht aber die zukünftigen Renditemöglichkeiten, die mit höheren Zinsen verbunden sind. Eine zeitlich konsistente Bewertung der Rentenverpflichtungen durch einen an Marktzinssätzen gekoppelten technischen Zinssatz adressiert dieses Problem. Die Zeit für diese wichtige Weichenstellung ist dank dem jüngsten Zinsanstieg günstig.

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