«Anlage Aktuell»: Aktienentwicklung im US-Präsidentschaftszyklus

Von Peter Bezak, Anlageexperte, Zurich Invest AG
Die Entwicklung von Aktien in den vier Amtsjahren des US-Präsidenten zeigen in der Vergangenheit unterschiedliche Ausprägungen im Hinblick auf die Saisonalität der Rendite. Die Ergebnisse zu Saisona-lität und US-Wahlzyklus können bei manchen Anlagestrategien helfen, die langfristige Rendite-Risiko-Profile zu optimieren. Unterscheidet sich das Wahljahr 2020 von den vergangenen Wahljahren?
US-Wahlzyklus-Theorie
Seit 1792 finden alle vier Jahre Präsidentschaftswahlen in den USA statt. Der Einfluss des Wahlkampfs und die neu erlassenen Gesetze im Wahlzyklus werden häufig diskutiert und analysiert. Der Ökonom und Finanzautor Yale Hirsch formulierte die US-Wahlzyklus-Theorie erstmals 1968 und ging dabei von der Hypothese aus, dass der Präsident der Vereinigten Staaten im ersten Jahr nach der Wahl den Wahlkampfmodus verlässt und sich damit befasst, Wahlversprechen zu erfüllen. Dabei werden politische Interessen wie zum Steuerrecht und soziale Fragen zur Wohlfahrt bevorzugt geführt.
Das zweite Amtsjahr folgt dem Trend des ersten Jahres. Gleichzeitig wird eine anfängliche wirtschaftliche Schwäche in Kauf genommen, weil die Wahlversprechen in der Vergangenheit oft nicht direkt eine Stabilisierung der Wirtschaft anstrebten. Im dritten Amtsjahr kehrt der Präsident in den Wahlkampfmodus zurück und strebt nach Zustimmung der Wählerschaft, mit dem Ziel, die Wirtschaft zu stimulieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt werden die finanziellen oder wirtschaftlichen Auswirkungen der Präsidentschaftspolitik akzentuierter.
Das vierte Amtsjahr ist ebenso geprägt von der Stärkung der Wirtschaft und der Börse, um die Wählerschaft für sich zu gewinnen.
Korrelation zum Aktienmarkt
Rückblickend sind in den ersten beiden Amtsjahren mehr Rezessionen zu beobachten, während in der zweiten Hälfte der Amtszeit oft das Wachstum überwiegte. In gewisser Weise korreliert die wirtschaftliche Entwicklung mit dem Aktienmarkt. Historisch betrachtet entwickelte sich der US-Aktienmarkt im ersten und zweiten Jahr des Präsidentschaftszyklus im Durchschnitt schwächer als im dritten Amtsjahr. Der oft für Analysen herbeigezogene Aktienmarktindex S&P 500 wies bisher, gestützt auf Daten bis zurück ins Jahr 1925, jeweils im dritten und vierten Jahr eine hohe Frequenz positiver Renditen aus. Im vierten Jahr der Amtszeit von US-Präsidenten, die gleichzeitig Wahljahre sind, waren aber die Renditen nicht so stark wie im dritten Jahr.
Achterbahnfahrt der US-Aktien im Wahljahr 2020
Trotz enormer Volatilität im aktuellen Wahljahr 2020, befinden sich die US-Aktien ungefähr dort, wo sie sich in einem durchschnittlichen Präsidentschaftswahljahr häufig befinden – vorausgesetzt, die Corona-Pandemie oder andere Turbulenzen führen nicht erneut zu einem breiten Einbruch der Kurse. Wenn dieses Wahljahr so wird, wie es in der Vergangenheit oft war, schliessen die US-Aktien 2020 positiv ab. Doch die Ergebnisse früherer Wahlen und deren Auswirkungen auf die Aktienmärkte können zwar dabei helfen, Muster zu erkennen, bei denen sich Anlagechancen eröffnen. Solche Muster sind aber letztendlich keine Garantie dafür, vorherzusagen, was am Ende des Jahres 2020 und im nächsten Präsidentschaftszyklus geschehen wird.