«Wir wollen 2 Milliarden Cash»

Marc Kaufmann: Hat die Baloise auf Druck aktivistischer Aktionäre die Strategie neu formuliert?
Michael Müller: Nein, wir haben schon vorher Bedarf gesehen und mit der Überarbeitung begonnen. Der Grund war, dass sich das Marktumfeld seit Lancierung des vorherigen Programms stark verändert hat. Die Zinsen bewegten sich auf einem deutlich tieferen Niveau, während sich die inflationären Tendenzen verstärkten. Und auch im Start-up-Bereich waren Veränderungen auszumachen.
Dort zogen sie die Reissleine, nachdem über Jahre viel Geld in den Aufbau von Ökosystemen mit zahlreichen digitalen Angeboten und Zusatzdienstleistungen investiert worden war. Weshalb?
Kurz nach meiner Amtsübernahme 2023 haben wir kommuniziert, dass wir unsere Ambitionen in diesem Bereich überprüfen. Im Grundsatz wollten wir unseren Kundinnen und Kunden zusätzliche Angebote liefern und damit mehr Geschäft machen. Am Ende haben sich diese Bemühungen unter anderem auch finanziell zu wenig in die richtige Richtung bewegt. Für uns ist nun klar, dass wir im Versicherungsgeschäft am meisten Mehrwert schaffen können.
Die Portfolioanpassungen führten im vergangenen Jahr zu einer Belastung von 100 Millionen Franken. Kommt noch mehr dazu?
Nein, es wird bei diesen 100 Millionen Belastung auf den IFRS-Gewinn der Gruppe bleiben. Wir erwarten keine weiteren substanziellen negativen Ergebniseffekte für das Geschäftsjahr 2025 oder darüber hinaus.
Welchen Stellenwert wird Innovation bei der Baloise in Zukunft haben?
Innovation bleibt ein wichtiger Teil unserer DNA, den wir in die Kernbereiche integrieren. Wir setzen auch auf Künstliche Intelligenz, um Prozesse effizienter zu gestalten, oder technologische Lösungen, um die Interaktion mit Kunden zu verbessern oder Versicherungsbetrug zu erkennen.
Mit dem Stopp der Ökosysteme haben Sie eine Forderung kritischer Aktionäre erfüllt. Die Baloise will aber auch die Effizienz verbessern und strebt eine Eigenkapitalrendite zwischen 12 und 15 Prozent an. Reicht das aus?
Wir sind überzeugt, dass wir mit der neuen Strategie eigenständig und nachhaltig für alle Anspruchsgruppen Wert schaffen. Nebst dem Renditeziel wollen wir bis Ende 2027 kumuliert über 2 Milliarden Franken an Barmitteln generieren und mit Dividenden und Aktienrückkäufen mindestens 80 Prozent der Cash-Remittance ausschütten. So stellen wir sicher, dass wir ein nachhaltig attraktives Investment für unsere Aktionäre bleiben und unsere verlässliche Dividendenpolitik fortführen.
Dennoch dürfte der Druck der Aktionäre nicht nachlassen.
Wir haben die Strategie gemeinsam mit dem Verwaltungsrat erarbeitet. Jetzt geht es um die Umsetzung und da wartet viel Arbeit auf uns. Wir wollen unsere Versprechen einlösen und die Ziele erreichen. Klar ist aber auch, dass die Strategie von der weiteren Entwicklung des Marktumfelds abhängig bleibt und es weitere Anpassungen geben kann.
Wo setzen Sie konkret an, um das Geschäft profitabler zu gestalten?
Wir haben angekündigt, dass wir das gleiche Geschäft oder sogar mehr mit rund 250 Mitarbeitenden weniger bewältigen wollen. Wir bauen schrittweise Stellen ab und nutzen dazu insbesondere die natürliche Fluktuation. Es hat bereits und wird auch in Zukunft aber Abgänge geben.
Wo wollen Sie das Geschäft der Baloise ausbauen?
Wir wollen in all unseren Zielsegmenten wachsen, wobei wir etwa in Belgien im Geschäft mit KMU oder in den für Deutschland definierten Sparten wie beispielsweise den anlagegebundenen Lebensversicherungen gute Chancen dafür sehen.