Liberaler und Tech-orientiert

Susanne Kapfinger, Ökonomin und Leiterin Redaktion AWP Soziale Sicherheit

Der Wettbewerb auf den globalen Finanzmärkten ist hart. Überleben kann nur wer anpassungsfähig und erfinderisch ist. Diese Attribute treffen auf die hiesige Fondsbranche zu. Sie präsentiert sich mit einer neuen Fondskategorie: Seit März 2024 steht qualifizierten Anlegerinnen und Anlegern der Limited Qualified Investor Fonds (L-QIF) zur Verfügung. Er ist liberal ausgestaltet und soll den luxemburgischen Reserved Alternative Investment Fonds konkurrieren. L-QIF kann schneller und kostengünstiger aufgesetzt werden als herkömmliche Fonds, weil er keiner direkten Genehmigungspflicht durch die Finanzmarktaufsicht (Finma) unterliegt. Nur die Fondsleitung muss noch von der Finma überwacht sein.

Das Jahr der Token

Agilität ist aber nicht nur im regulatorischen Umfeld nötig, sondern auch im technologischen. Die Schweiz bringt hier mit dem Distributed-Ledger-Technologie-Cluster im Raum Zug gute Voraussetzungen mit (siehe Seite 4). Ein Bestandteil davon ist die Blockchain. Sie ermöglicht sichere, nicht manipulierbare Transaktionen im Internet. Das ist das match-entscheidende Gen in der Finanzbranche. Der Schweizer Verband der Vermögensverwalter Amas ist überzeugt, dass die Tokenisierung von Fonds überlebensnotwendig ist. Durch das Verwenden von Token erhofft man sich Effizienzsteigerungen, erhöhte Transparenz und Liquidität. Token können auf der Blockchain Informationen wie rechtliches Eigentum, Compliance-Anforderungen und ESG-Daten speichern. Zudem könnten daraus auch neue Vertriebskanäle entstehen. Das sind überzeugende Argumente, die für eine rasche Tokenisierung sprechen. So beurteilt es die Mehrheit der Asset Manager. Laut einer Umfrage von Sygnum wollen 66 Prozent der befragten institutionellen Anleger am Krypto-Megatrend teilhaben. 57 Prozent beabsichtigen ihre Allokation in digitale Vermögenswerte zu erhöhen.

Meisterinnen der Verwahrung

Digitale Vermögenswerte müssen wie klassische Vermögenswerte auch verwahrt werden. Viele Rechtsordnungen schreiben im Fondsbereich sogar lokale Verwahrstellen vor. Auch in diesem Bereich ist die Schweiz mit verschiedenen etablierten Institutionen konkurrenzfähig. Der Swiss Digital Asset Custody Bericht nennt 34 Institutionen, darunter Bitcoin Suisse, Crypto Finance oder die Berner Kantonalbank. 44 Prozent der Anbieter sind Banken wie Julius Bär, Vontobel oder Credit Suisse, die neben der Vermögensverwahrung auch Handels- und Staking Dienstleistungen anbieten. 70 Prozent der Befragten unterliegen einer regulatorischen Aufsicht oder halten eine Lizenz – zum Beispiel eine Asset Management-,  Security Firm- oder Bank-Lizenz. 

Damoklesschwert Greenwashing

Ein weiterer Erfolgsfaktor der Fondsbranche ist die Umsetzung der Offenlegungsverordnung für nachhaltige Finanzdienstleistungen. Sie kennt zwei Fondskategorien: Fonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen und solche mit Nachhaltigkeitszielen. Neue politische Leitlinien und Definitionen bewirken jedoch, dass manche Fonds umklassifiziert werden müssen. Gelingt das den Fondsmanagerinnen und -managern nicht rechtzeitig, drohen Klagen wegen Greenwashing (siehe Seite 2). Damit steht auch die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel. Derzeit mischen Schweizer Vermögensverwalter im Europäischen Markt vorne mit. Mit einem Marktanteil von  gut 10 Prozent belegen sie Rang 3. Marktführer ist weiterhin UK mit einem Marktanteil von 36 Prozent gefolgt von Frankreich mit 17 Prozent. Die gute Position der hiesigen Fondsbranche ist aber nicht in Stein gemeisselt, Deutschland liegt mit knapp 10 Prozent dicht hinter der Schweiz.