«Risikoprämien werden steigen»
Die Chefin der Lebensversicherungsgesellschaft PK Rück, Regina Knöpfel, erwartet in den kommenden Jahren häufigere Invaliditätsfälle. Das dürfte zu markant höheren Risikoprämien für Invaliditätsrisiken führen.
Susanne Kapfinger: Wie entwickelt sich das Rückdeckungsgeschäft?
Regina Knöpfel: Das Rückdeckungsgeschäft in der beruflichen Vorsorge ist stark abhängig von der Risikowahrnehmung und Risikobereitschaft der Verantwortlichen in den Vorsorgeeinrichtungen. Dadurch, dass es sich bei unseren Eigentümern um fünf grössere Vorsorgeeinrichtungen handelt, kennen wir deren Bedürfnisse sehr gut und entwickeln gemeinsam passende Produktgenerationen für die Zukunft.
Nehmen Sie auf der Nachfrageseite Veränderungen wahr?
Durch die Konsolidierung am Markt nimmt die Tragfähigkeit der biometrischen Risiken dort tendenziell zu. Wir gehen allerdings von zunehmenden Eintretenswahrscheinlichkeiten bei den Invaliditätsrisiken in den kommenden Jahren aus. Ausserdem beobachten wir, dass infolge der Anlagesituation der Risikoappetit der Vorsorgeeinrichtungen im Einklang mit deren Deckungsgraden gesunken ist.
Wenn sich das Invaliditätsrisiko rückläufig entwickelt, schadet das ihrem Geschäft?
Wie erwähnt gehen wir davon aus, dass Invalidisierungen in den kommenden Jahren relativ betrachtet häufiger auftreten werden. Aus der IV-Statistik für Neurenten lässt sich ablesen, dass nach einem Sinken und dann einer Stagnation der Invaliditätsquoten bei 2,8‰ ab 2016 ein Anstieg bis auf 3,3‰ im Jahr 2021 zu verzeichnen war. Die Zunahme in den letzten Jahren ist auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Wir behalten diese Entwicklung im Auge und versuchen, gemeinsam mit unseren Kunden präventiv und proaktiv Invaliditätsfälle, insbesondere jene infolge psychischer Erkrankungen, zu vermeiden.
Der Klimawandel ist ein Gesundheitsrisiko: Wie wirkt sich die Anzahl Klimatote auf das Rückdeckungsgeschäft aus?
Nach unserer Erfahrung wirkt sich der Klimawandel bisher nicht auf die bei uns rückgedeckten Todesfallrisiken aus.
Wie gehen Sie mit Pandemierisiken um – erhöht Long-Covid das Invaliditätsrisiko?
Bei den Post-Covid-Erkrankungen führen wir ein Monitoring. Es handelt sich nicht um eine Diagnose im Klassifizierungssystem, deswegen kennen wir die Dunkelziffer nicht. Wir wissen aber bereits heute, dass sich das Invaliditätsrisiko durch diese Erkrankungen leicht erhöhen wird. Beim Bundesamt für Sozialversicherungen spricht man von einem tiefen einstelligen Prozentsatz, um den es sich erhöht. Dieser Annahme schliessen wir uns an bis wir in einigen Jahren eine solide Datenlage haben werden.
Welche Prognosen stellen Sie für die Prämienentwicklung?
Wir gehen davon aus, dass sich die Risikoprämien für Invaliditätsrisiken massgeblich erhöhen werden.
Fliessen bei der Berechnung auch antizipierte Risiken ein oder verwenden Sie nur vergangenheitsbezogene Daten?
Wir haben aufgrund der Frühmeldungen sehr valide Daten über länger andauernde Arbeitsunfähigkeiten. Das gibt uns die Möglichkeit, den Blick in den Rückspiegel mit prospektiven Einschätzungen über mögliche Wiedereingliederungen oder entstehende Invalidisierungen zu kombinieren. Es ist zwar eine unbequeme Situation, um in diesem Feld ein Trendsetter zu sein, aber unsere Eigentümer und Kunden schätzen gerade bei wenig erfreulichen Entwicklungen unsere Expertise und unser Frühwarnsystem.